Sonntag, 20. März 2022

Thriller: Das Morgan Projekt (2016)

Lee Weathers (Kate Mara), Krisenmanagerin eines großen Unternehmens wird an einen entlegenen, streng geheimen Standort entsandt, wo sie einen schrecklichen Vorfall untersuchen und evaluieren soll.

Sie findet heraus, dass das Problem von einem scheinbar unschuldigen, gleichermaßen mysteriösen wie unkalkulierbarem und gefährlichen „Geschöpf” hervorgerufen wurde.

Das Mysterium heißt Morgan (Anya Taylor-Joy), ein mit synthetischer DNA  biotechnisch weiterentwickeltes menschliches Wesen. In nur einem Monat hat sie (es) Sprechen und Laufen gelernt, nun – nach sechs Monaten – hat Morgan sämtliche Erwartungen ihrer Schöpfer weit übertroffen.

Sie ist rätselhaft und unvorhersehbar – ein im Labor geschaffenes, zu unterschiedlichsten Gefühlen fähiges Geschöpf. Es ist nicht mehr klar zu unterscheiden, ob es sich bei ihm um ein menschliches oder synthetisches Wesen handelt.

Aber was geschieht, wenn die Kreatur ihren Schöpfer in allen Belangen überflügelt? Und dann ist da noch die Frage, was gefährlicher ist: Das künstlich geschaffene Wesen oder der Konzern, der seine Schöpfung in Auftrag gegeben hat?    

Der Regisseur LUKE SCOTT war davon angetan, wie sich Drehbuchautor SETH OWEN einigen der großen wissenschaftlichen Fragen unserer Zeit annähert. Was passiert, wenn künstliche Intelligenz so klug oder gar noch klüger wird als wir Menschen? Was haben wir da noch zu bieten? Sind künstliche Wesen wie Morgan der nächste Sprung in unserer Evolution?

Noch mehr interessierte Scott, was uns motiviert, den Menschen synthetisch zu reproduzieren. Um sich noch tiefer ins Sujet einzuarbeiten, besuchte Scott die Mikrobiologielaboratorien der Queens University.

Hier erfuhr er, dass das virulente Thema außerhalb der Wissenschaftsgemeinschaft noch ein absolutes Tabu ist – obwohl auf dem Gebiet künstlicher Intelligenz rapide Fortschritte gemacht werden.

Die größte Herausforderung für Luke Scott und seine Besetzungsabteilung bestand darin, eine Schauspielerin für die Rolle der Morgan zu finden,  eine Darstellerin,  die künstlich wirkte, aber dennoch so organisch, um nach Scotts Vorstellung als nächster Schritt in der menschlichen Evolution zu bestehen.

Die schwierige Aufgabe der Schauspielerin bestand darin, eine Figur zu verkörpern, die sowohl physisch als auch geistig und intellektuell gleichsam unter Strom steht. Sie/es musste in ihrer/seiner emotionalen Interpretation glaubwürdig wirken, sich von den fehlerhaften Menschen, mit denen sie/es tagtäglich in Kontakt kommt, klar unterscheiden.

Ehe man sich auf eine Schauspielerin festlegte, überlegten Scott und sein Team, wie man Morgan am besten charakterisieren könnte. Ist sie eine sie oder ein es? Ist sie menschlich… oder etwas anderes?

„Ich beschloss schließlich, Morgan als ein ‚Es’ zu definieren, weil ich schließlich irgendwie der Wissenschaftler bin, der sie kreiert hat. Aber irgendwie sollte Morgan auch weiblich wirken, denn sie besitzt diese innere feminine Stärke.” (1)

Trotz der Definition des Wesens als ein ‚Es’ ist Morgan laut Scott zumindest in Sachen Aussehen kein Monster. Die hoch entwickelten Fähigkeiten der Figur verstecken sich hinter einem unauffälligen, unschuldig aussehenden Äußeren.

„Wir schufen etwas, das vertraut und erkennbar aussieht. Meine diesbezügliche Überlegung bestand darin, dass Wissenschaftler ein solches Wesen wohl so aussehen lassen würden, dass es sich äußerlich nicht von einem Menschen unterscheidet.” (2)

Nach langer Suche beschloss Scott der Schauspielerin ANYATAYLOR-JOY die Rolle der Morgan zu übertragen. Ihr Spiel in Robert Eggers prämiertem Spielfilmdebüt „THE WITCH“ (2015) hatte ihn überzeugt.

Als die von Taylor-Joy gespielte Morgan urplötzlich einen ihrer Betreuer attackiert, engagiert die Firma, die das Projekt finanziert und in Auftrag gegeben hat, eine „Risikoberaterin” namens Lee Weathers, die den Vorfall untersuchen soll. Sie wird von KATE MARA gespielt, die bei Ridley Scotts Oscar-nominiertem Blockbuster „DER MARSIANER – RETTET MARK WATNEY“ (2015)  mitgewirkt hat.

„In meiner Rolle werde ich beauftragt, Morgans Funktionstüchtigkeit zu untersuchen. Außerdem soll ich feststellen, ob sie auch in Zukunft eine Gefahr darstellt. Im Film steckt viel Drama, aber auch jede Menge Spannung, Action und auch ein wenig Horror. Im Prinzip wird jedoch die Frage erforscht, was es heißt, menschlich zu sein. Die Story ist sehr vielschichtig.” (3)

Eine besondere Herausforderung an Mara und Taylor-Joy stellten die brutalen Kämpfe dar, die sie sich in ihren Rollen gegenseitig liefern. Für deren Choreografie waren der Stuntkoordinator Paul Herbert und sein Team zuständig. Kämpfe der Antagonistinnen gehören zu den absoluten Höhepunkten des Films. Überraschend und spektakulär fallen die Kämpfe aus, die sich die „Anzugträgerin” und das unschuldig aussehende „Experiment”, das vollkommen aus dem Ruder gelaufen ist, liefern.

Doch die von Mara verkörperte Lee Weathers ist nicht die einzige Fachkraft, die der Konzern mit der Aufgabe betraut, Morgan zu evaluieren. Shapiro, gespielt von PAUL GIAMATTI, ist alles andere als ein freundlicher/sanfter Profi in Sachen mentaler Gesundheit. In seiner Befragung von Morgan ist er ebenso gnadenlos wie in der anschließenden körperlichen Auseinandersetzung.

Shapiro und Weather sind Eindringlinge, die die Dynamik im eingeschworenen Team der Wissenschaftler und Helfer, die Morgan betreuen, empfindlich stören. Die „Familie” Morgans“ besteht aus Simon Ziegler (Toby Jones), dem wissenschaftlichen Chef der Gruppe, der Wissenschaftlerin und Analystin Dr. Lui Cheng (Michelle Yeoh), der Psychoanalytikerin Amy (Rose Leslie), der Verhaltenspsychologin Kathy (Jennifer Jason Leigh), dem Ernährungsberater und Koch Skip (Boyd Holbrook), der Militärmedizinerin Brenda (Vinette Robinson), dem Projektmanager Ted Brenner (Michael Yare) sowie dem Labortechniker Darren (Chris Sullivan).

In den vergangenen Jahren hat Morgan die Gruppe vor Herausforderungen gestellt, die sich ihre Mitglieder in ihren kühnsten Träumen nicht hätten vorstellen können. Als das von ihnen geschaffene Wesen nun gewalttätig wird, müssen sich alle fragen, ob Morgan eine weltbewegende Neuerung ist oder lediglich eine gemeingefährliche Schöpfung.

Auf den Schultern von Simon Ziegler, dem geistigen Vater des Projekts, den Toby Jones spielt, lastet der größte Druck – ist Morgan ein Erfolg oder ein Fehlschlag?

Die Psychoanalytikerin Amy fühlt sich ebenfalls stark zu Morgan hingezogen. Kathy, ein anderes Mitglied des Teams, ist die Erste, die Morgans Zorn zu spüren bekommt. Laut Jennifer Jason Leigh, die Kathy verkörpert, sind Morgans Gewaltausbrüche, den Umständen geschuldet, durchaus nachvollziehbar.

„Morgans Herz war voller Freude, ehe man sie wieder quasi ins Regal zurückstellte. Kathy vergleicht Morgans Angriff auf sie mit dem Wutausbruch eines Kindes, also mit einem ganz normalen Entwicklungsprozess. Nur dass das ‚Kind’ hier sehr schnell, stark und leistungsfähig ist.” (4)

Die Einschätzung des Teams bezüglich seiner Schöpfung hängt stark mit dem Umstand zusammen, dass man maßgeblich an deren Entwicklung beteiligt war und sich im Zuge des langwierigen Experiments immer mehr von der realen Welt entfernt hat.

Der Film „DAS PROJEKT MORGAN“ wurde in der alten Fabrikanlage Britvic in Belfast und im Wald von Tollymore nahe der kleinen irischen Ortschaft Bryansford gedreht. Das Haus, in dem die Figuren ihr Wesen erschaffen, befindet sich in Galgorm, Ballymena, am Rande von Belfast.

Das Innere des Gebäudes, ehemals ein privates Wohnhaus, wurde zu einem typischen amerikanischen Landhaus umgestaltet. Es beherbergt mehrere große Schlafzimmer mit Bädern, eine riesige Industrieküche sowie diverse Arbeitszimmer und Büros. Die großen Fenster gewähren einen Blick auf den Gemüsegarten und die umliegenden Wälder. Man hat das Gefühl, im Einklang mit der Natur zu leben – ein harter Gegensatz zu den Experimenten, die im Inneren des Hauses stattfinden.

Produktionsdesigner TOM McCULLAGH gestaltete die Zimmer so, dass sie viel vom Wesen ihrer Bewohner verraten.

„Sieben Menschen leben hier zusammen, jeder hinterlässt in seinem Raum seine spezifischen Spuren. Kathys Zimmer spiegelt ihre Unordentlichkeit und ihre Exzentrizität wider. Cheng wiederum sahen wir als ordentlich und organisiert. In Zieglers Büro wiederum sind schon Anzeichen eines sich ankündigenden Wahnsinns spürbar.” (5)

Die offene, helle Küche ist funktional gestaltet. Gebürsteter Stahl und ein funktionales Industriedesign herrschen vor. Man ist bestens auf die diätischen Bedürfnisse Morgans eingestellt. Der riesige Kühlschrank mit seiner Glasfront ist mit sorgsam etikettierten Lebensmitteln gefüllt und beinhaltet Essen, Getränke und verschiedenste Medizin. Ein voll funktionsfähiger Ofen nebst Grill und riesiger Dunstabzugshaube steht im Zentrum des Raums. Auf kleinste Details bezüglich der Zutaten, der organischen Lebensmittel und der Essenszusätze wurde geachtet.

Sämtliche Produkte wurden sorgfältig verpackt oder in Flaschen und Gläser gefüllt, was den Schauspielern den Umgang mit all diesen Produkten enorm vereinfachte.

Im starken Kontrast zur Küche steht das schwach beleuchtete unterirdische Labor. Im Keller findet sich auch Morgans Wohnraum, eine gut gesicherte, via Kamera überwachte Zelle.

Darüber hinaus war die Gegenüberstellung des Bunkers mit der Eden-gleichen Landschaft, die das Haus umgibt, eine Art Totem für Morgans „Geburt”, die als synthetisches Wesen das Licht der Welt erblickt.

Im Labor stellte man, nach sorgfältiger Recherche, entsprechende Maschinen auf, die man für ein solches Vorhaben benötigen würde. Auf Authentizität wurde dabei größter Wert gelegt. Die geliehenen und gekauften Apparate entsprachen jenen, die ein Wissenschaftlerteam benötigen würde, um einen komplexen organischen Mechanismus wie Morgan zu „erschaffen” bzw. bei seiner Entwicklung zu beobachten.

„Eine der DNA-Maschinen, die man im Film sieht, haben wir selbst gebaut. Sie basiert auf echten Plänen. Es gibt Maschinen, mit deren Hilfe sich synthetische DNA in kleinen Mengen herstellen lässt. Diese Apparate haben der Wissenschaft vollkommen neue Möglichkeiten erschlossen.” (6)

Ein Wald umgibt die Anlage. So wird klar, wie abgelegen dieses Labor ist. Außerdem nutzt Amy, die von Rose Leslie gespielt wird, die baumbestandene Idylle, um Morgan langsam mit der Welt außerhalb des Anwesens vertraut zu machen.

Dieser von Scott als „Natural Interface Therapy” bezeichnete fiktionale Prozess scheint sowohl in der Theorie als auch in seiner Umsetzung durchaus glaubwürdig. Nur eine Sache hat das Team in dieser abgelegenen Anlage nicht bedacht – nämlich dass seine Kreatur bei ihrem Experiment plötzlich sehr menschliche Wesenszüge zeigen würde…

Mit dem Film "DAS MORGAN PROJEKT" gab LUKE SCOTT, der Sohn von RIDLEY SCOTT, im Jahr 2018 sein Regie-Debüt.

Der SF-Thriller, der von Luke Scott packend inszeniert wurde, kann insbesondere durch die gute Besetzung punkten, in der vor allem aber die Schauspielerin ANYA TAYLOR-JOY in der Rolle der Morgan überzeugen kann.

Hinzu kommen neben diversen Überraschungen, auch ein überraschendes Ende, dass man so vermutlich nicht erwartet hätte.

© by Ingo Löchel

  • (1)    Regisseur Luke Scott
  • (2)    Regisseur Luke Scott
  • (3)    Kate Mara
  • (4)    Jennifer Jason Leigh
  • (5)    Produktionsdesigner Tom McCullogh
  • (6)    Produktionsdesigner Tom McCullogh


Das Morgan Projekt
(Originaltitel: Morgan)
USA 2016

Stab

  • Regie : Luke Scott
  • Drehbuch: Seth W. Owen
  • Kamera: Mark Patten
  • Schnitt: Laura Jennings
  • Musik: Max Richter

Darsteller

  • Anya Taylor-Joy als Morgan
  • Kate Mara als Lee Weathers
  • Rose Leslie als Dr. Amy Menser
  • Michael Yare als Ted Brenner
  • Toby Jones als Dr. Simon Ziegler
  • Chris Sullivan als Dr. Darren Finch
  • Vinette Robinson als Dr. Brenda Finch
  • Boyd Holbrook als Skip Vronsky
  • Michelle Yeoh als Dr. Lui Cheng
  • Brian Cox als Jim Bryce
  • Jennifer Jason Leigh als Dr. Kathy Grieff
  • Paul Giamatti als Dr. Alan Shapiro
  • Crispian Belfrage als Charles Grimes
  • Amybeth McNulty als Morgan als 10-Jährige

FSK: Ab 16 Jahren
Laufzeit: 92 Minuten

Deutscher Kinostart: Am 1. Dezember


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