Sonntag, 3. September 2023

Alfred Hitchcock: Psycho (1960)

Die Sekretärin Marion Crane (Janet Leigh)  ist es leid, sich mit ihrem Freund Sam Loomis (John Gavin) ständig während ihrer Mittagspause heimlich in billigen Hotels treffen zu müssen.

Sie möchte endlich heiraten, was aber aufgrund von Sams Schulden und seinen Unterhaltszahlungen an seine Ex-Frau nicht möglich ist.

Nachdem sie zu ihrer Arbeit zurückgekehrt ist, wird Marion von ihrem Arbeitgeber George Lowery (Vaughn Taylor) beauftragt, für den reichen Kunden Tom Cassidy (Frank Albertson) 40.000 Dollar zur Bank zu bringen.

Daraufhin fasst sie den Entschluss, sich krank zu melden und mit dem Geld die Stadt Phoenix zu verlassen.

Auf der Fahrt erregt sie durch ihr sonderbares Verhalten die Aufmerksamkeit eines Highway-Polizisten (Mort Mills),  der sich eine Weile lang an ihre Fersen heftet. Zudem weckt der überhastete Verkauf ihres Autos und der Kauf eines anderen Wagens den Argwohn des Autohändlers.

Auf der weiteren Fahrt zu Sam, übernachtet sie im Bates Motel, das von Norman Bates (Anthony Perkins) geführt wird und versteckt das gestohlene Geld in einer Zeitung in ihrem Zimmer.

Nachdem Norman sie zum Abendessen eingeladen hat, kehrt er in sein Wohnhaus zurück, wo er sich mit seiner Mutter über ihre Anwesenheit streitet, was Marion vom Hotel aus mit anhört.

Als Norman ins Hotel zurückkehrt, entschuldigt er sich bei Marion  für den Streit  nd  spricht über sein Hobby als Tierpräparator sowie über die Krankheit seiner Mutter.

Während des Gesprächs beschließt Marion am nächsten Morgen nach Phoenix zurück zu fahren, um das gestohlene Geld zurückzugeben. Als sie in ihrem Zimmer duscht, erscheint plötzlich eine schattenhafte Gestalt und ersticht sie.

Da Norman annimmt, dass seine Mutter den Mord begangen hat, räumt er den Tatort auf, legt Marions Leiche, ihre Habseligkeiten und die Zeitung mit dem versteckten Geld in ihr Auto und versenkt es in dem nahegelegenen Sumpf.

Eine Woche nach dem Verschwinden von Marion, taucht ihre Schwester Lila (Vera Miles) bei Sam auf und verlangt von ihm, ihren Aufenthaltsort zu erfahren. Doch Sam streitet ab, etwas über Marions Verschwinden zu wissen.

Während des Gespräch taucht der Privatdetektiv Milton Arbogast (Martin Balsam) in Sams Geschäft auf, der beauftragt wurde, das gestohlene Geld wiederzubeschaffen.

Bei seinen Ermittlungen hält er unter anderem auch am Bates Hotel an und befragt Norman, dessen nervöses Verhalten und widersprüchliche Antworten seinen Verdacht wecken.

Er prüft das Gästebuch und stellt anhand ihrer Handschrift fest, dass Marion eine Nacht in dem Motel verbracht hat.

Als der Privatdetektiv erfährt, dass Marion mit Normans Mutter gesprochen hat, bittet er darum, mit ihr sprechen zu dürfen, was Norman aber kategorisch ablehnt.  

Arbogast verlässt zwar das Hotel, aber nur ,um kurze Zeit später zurückzukehren, um das Wohnhaus zu betreten, um mit Normans Mutter zu sprechen.

Als er die Treppe hochgeht, taucht plötzlich eine schattenhafte Gestalt aus dem Schlafzimmer auf und ersticht ihn…

Der Thriller „PSYCHO“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von ROBERT BLOCH aus dem Jahr 1959, der  durch den Fall des verurteilten Mörders Ed Gein aus Wisconsin inspiriert wurde.

Nachdem Peggy Robertson, Hitchcocks langjährige Assistentin, eine positive Besprechung des Romans „PSYCHO“ in der Kolumne "Criminals at Large" der „New York Times2 gelesen hatte, beschloss sie, das Buch ihrem Arbeitgeber zu zeigen.

ALFRED HITCHCOCK erwarb die Rechte an dem Roman für 9.500 Dollar und ordnete an, dass Robertson alle Exemplare aufkaufen sollte, um das Ende der Geschichte geheim zu halten.

Da Paramount gegen das Filmprojekt war, machte ALFRED HITCHCOCK, der den Film unbedingt drehen wollten, dem Filmstudio den Vorschlag, dass er das Filmmprojekt persönlich  durch seine eigene Shamley Productions finanzieren und bei Universal drehen würde, wenn Paramount den Vertrieb übernehmen würde.

Anstelle seines üblichen Regiehonorars von 250.000 Dollar bot er eine Beteiligung von 60 % an. Dieses  Angebot wurde schließlich von Paramount angenommen.

Da Alfred Hitchcock mit dem Drehbuchentwurf von James P. James P. Cavanagh, einem Autor der TV-Serie „ALFRED HITCHCOCK PRÄSENTIERT“ nicht einverstanden war, engagierte Hitchcock nach einem persönlichen Gespräch den unerfahrenen Autor JOSEPH STEFANO.

Obwohl sich das Drehbuch relativ genau an den Roman von ROBERT BLOCH hielt, nahmen Hitchcock und Stefano aber einige Änderungen vor.

Unter anderem strich Stefano Bates' Alkoholkonsum sowie dessen Interesse an Spiritismus, Okkultismus und Pornografie.

Zudem entschieden sich Hitchcock und Stefano dafür, den Film mit Szenen aus Marions Leben zu eröffnen und Bates erst nach 20 Minuten vorzustellen, anstatt ihn wie Bloch mit der Lektüre eines Geschichtsbuchs beginnen zu lassen

Um die Kosten für den Film niedrig zu halten und weil er sich in ihrem Umfeld am wohlsten fühlte, übernahm Hitchcock die meisten seiner Mitarbeiter aus seiner Fernsehserie „ALFRED HITCHCOCK PRÄSENTIERT“, darunter den Kameramann, den Szenenbildner, den Script Supervisor und den ersten Regieassistenten.

Zudem engagierte er Bernard Herrmann als Musikkomponist, George Tomasini als Cutter und Saul Bass für die Titelgestaltung und das Storyboard der Duschszene

Um auch sonst die Produktionskosten zu senken, entschied sich Hitchcock außerdem dafür, den Film „PSYCHO“ in Schwarzweiß zu drehen, um das Budget unter 1 Million Dollar zu halten. Ein weiterer Grund für die Dreharbeiten in Schwarzweiß war sein Wunsch, die Duschszene nicht zu blutig werden zu lassen.

Bevor die Dreharbeiten im November 1959 begannen, schickte Hitchcock seinen Regieassistenten Hilton A. Green nach Phoenix, um dort entsprechende Drehorte auszukundschaften und die Eröffnungsszene zu drehen.

Die Aufnahme sollte eine Luftaufnahme von Phoenix sein, die langsam auf das Hotelfenster einer leidenschaftlichen Marion und Sam zoomt. Letztendlich erwiesen sich die Hubschrauberaufnahmen als zu wackelig und mussten mit Filmmaterial aus dem Studio zusammengeschnitten werden.

Ein anderes Team filmte Tag- und Nachtaufnahmen auf dem Highway 99 zwischen Gorman und Fresno, Kalifornien, für die Projektion, wenn Marion von Phoenix aus losfährt.

Green fotografierte auch eine vorbereitete Liste von 140 Drehorten, die später im Studio rekonstruiert werden sollten. Darunter befanden sich viele Immobilienbüros und Häuser, wie die von Marion und ihrer Schwester.

Green fand auch ein Mädchen, das genau so aussah, wie er sich Marion vorstellte, und fotografierte ihre gesamte Garderobe, was es Hitchcock ermöglichen sollte, von Helen Colvig, der Garderobiere, ein realistisches Aussehen der Filmfigur zu verlangen.

Das Aussehen des Bates-Hauses war Edward Hoppers Gemälde „House by the Railroad“W nachempfunden, ein phantasievolles Porträt des viktorianischen Hauses im Stil des Second Empire in der Conger Avenue 18 in Haverstraw, New York.

Die Dreharbeiten zu „PSYCHO“, dessen Budget 807.000 Dollar betrug,  begannen am 11. November 1959 in den Revue Studios der Universal in der auch die TV-Serie „ALFRED HITCHCOCK PRÄSENTIERT“ gedreht wurde, wo auch die Kulissen des Bates Motel und des Bates-Hauses errichtet wurden.

Fast der gesamte Film wurde mit 50-mm-Objektiven auf 35-mm-Kameras gedreht. Dies ermöglichte einen Blickwinkel, der dem menschlichen Sehen ähnelte, was dazu beitrug, das Publikum noch stärker einzubeziehen.

Der Regisseur ALFRED HITCHCOCK war gezwungen, einige Szenen in untypischer Weise neu zu drehen. Die letzte Einstellung in der Duschszene, die mit einer extremen Nahaufnahme von Marions Auge beginnt und in die sie hinein- und herauszoomt, erwies sich für JANET LEIGH als schwierig, weil das Wasser in ihre Augen spritzte und sie blinzeln wollte, und auch der Kameramann hatte Schwierigkeiten, weil er manuell fokussieren musste, während er die Kamera bewegte.

Für die Eröffnungsszene waren Nachdrehs erforderlich, weil Hitchcock der Meinung war, dass JANET LEIGH und JOHN GAVIN nicht leidenschaftlich genug waren.

Die Ermordung von Janet Leighs Figur in der Dusche ist die Schlüsselszene des Films „PSYCHO““ und eine der bekanntesten Szenen in der Geschichte des Films.

Die Dusch-Szene, die etwa drei Minuten dauert, wurde vom 17. bis 23. Dezember 1959 gedreht.

Viele Aufnahmen dieser Szene sind Nahaufnahmen, auch extreme Nahaufnahmen, mit Ausnahme der mittleren Einstellungen in der Dusche unmittelbar vor und nach dem Mord. Durch die Kombination der Nahaufnahmen mit ihrer kurzen Dauer wirkt die Sequenz subjektiver, als wenn die Bilder allein oder in einem größeren Winkel gezeigt würden.

Dabei musste die Kamera mit einem langen Objektiv ausgestattet werden, um den Duschkopf geradeaus aufnehmen zu können. Die inneren Öffnungen des Duschkopfs wurden verdeckt und die Kamera in ausreichender Entfernung platziert, so dass das Wasser zwar scheinbar direkt auf die Linse gerichtet war, in Wirklichkeit aber um sie herum und an ihr vorbeifloss.

Die Tonspur mit kreischenden Geigen, Bratschen und Celli war ein Original-Streicherstück des Komponisten BERNARD HERMANN mit dem Titel "The Murder". Ursprünglich wollte Hitchcock für diese Sequenz (und alle anderen Motelszenen) keine Musik verwenden, aber Herrmann bestand darauf, dass er seine Komposition ausprobierte. Im Nachhinein stimmte Hitchcock zu, dass die Szene dadurch wesentlich intensiver wirkte.

Das Blut in der Szene war Hershey's-Schokoladensirup, der auf Schwarz-Weiß-Film besser zur Geltung kommt und eine realistischere Dichte hat als Bühnenblut. Das Geräusch des Messers, das ins Fleisch eindringt, wurde durch das Einstechen eines Messers in eine Casaba-Melone erzeugt.

Dafür ließ Hitchcock verschiedenen Melonen-Sorten testen. . Mit den Messereinstichen in die Casaba-Melone, einer Unterart der Honigmelone, war der Regisseur schließlich schließlich zufrieden.

Aufgrund ihrer Unlust, nackt zu arbeiten, wurde MARLI RENFRO  als Körperdouble für die Schauspielerin JANET LEIGH von ALFRED HITCHCOCK engagiert, die dafür  eine Gage von 500 Dollar erhielt.

"Ich wurde von Mr. Hitchcock befragt und musste mich entkleiden. Und dann nahm er mich mit zu Janet Leigh, ich glaube, sie war in ihrer Garderobe oder ihrem Wohnwagen, wo auch immer, und ich musste mich für sie entkleiden. Unsere Körper waren sich sehr ähnlich, und ich glaube, dass das der Grund war, warum ich dafür engagiert wurde." (1)

Obwohl in den schnellen Schnitten Nacktheit angedeutet wird, ist jedoch in der Dusch-Szene keine zu sehen.

Der Regisseur ALFRED HITCHCOCK und die Schauspielerin JANET LEIGH behaupteten zunächst, dass in der Film-Szene nur Leigh in der Dusche zu sehen sei. Erst später räumte Hitchcock ein, dass, wenn Janet Leighs Gesicht zu sehen ist, sie es ist, ansonsten die Szenen mit  MARLI RENFRO gedreht wurden.

„Die Kamera geht vielleicht 2 Zentimeter unter ihren Brustknochen und das war's Wenn man ihr Gesicht nicht sieht, bin ich das: mein Hinterkopf, meine Füße, meine Arme, mein Bauchnabel.“ (2)

Ursprünglich wurde Renfro nur für zwei oder drei Tage gebucht. Am Ende wurden es anderthalb Wochen. Sieben Drehtage, fast ein Drittel der Zeit, die Leigh am Set von "PSYCHO" verbrachte.

Doch neben JANET LEIGH und MARLI RENFRO stand noch eine weitere, dritte Frau unter der Dusche.

MYRA DAVIS  war während der Dreharbeiten zu "PSYCHO" als sogenanntes Stand-in für die Schauspielerin JANET LEIGH tätig, mit der Art-Director Saul Bass Probeaufnahmen für die Duschszene machte.

Anders als ein Körper-Double erscheint ein Stand-in nicht im fertigen Film, sondern kommt lediglich bei Kamera- oder Lichttests zum Einsatz. Außerhalb der Filmbranche werden die beiden Begriffe häufig synonym verwendet.

Während die Schauspielerin JANET LEIGH während des Drehs der Dusch-Szene anwesend war, war der Schauspielerin ANTHONY PERKINS während dieser Szene abwesend.

Denn während der Dreharbeiten zu „PSYCHO“ stand er zeitweise für das Broadway-Stück „GREENWILLOW“ auf der Bühne, so dass für ihn während der Messerattacke in der Dusch-Szene ein Double verwendet wurde.  

Die Dreharbeiten zu „PSYCHO“ wurden am 1. Februar 1960 in den Universal Studios beendet.

Der Film wurde für vier Oscars nominiert. Und zwar in den Kategorien „BESTE REGIE“ (Alfred Hitchcock), , „BESTE SCHWARZEISS-KAMERA“ (John L. Russell), „BESTE NEBENDARSTELLERIN“ (Janet Leigh) und „BESTES SZENENBILD“ (Joseph Hurley, Robert Clatworthy und George Milo). Der Thriller „PSYCHO“ ging aber bei der Oscar-Verleihung im Jahr 1961 leer aus.

Dafür wurde „PSYCHO“ mit dem „EDGAR ALLAN POE AWARD“ in der Kategorie „BESTER FILM“ ausgezeichnet und die Schauspielerin JANET LEIGH gewann einen GOLDEN GLOBE in der Kategorie „BESTE NEBENDARSTELLERIN“.

Mit „PSYCHO“ präsentiert der Regisseur ALFRED HITCHCOCK nicht nur einen perfekt inszenierten Thriller, dessen Spannung bis zum Ende gehalten werden kann, sondern der Thriller „PSYCHO“ entpuppte sich letztendlich auch noch als weltweiter Hit an den Kinokassen, der zum erfolgreichsten Film des Regisseurs ALFRED HITCHCOCK avancierte.

Bei seiner Erstveröffentlichung soll der Film bei einem Budget von 807.000 Dollar weltweit zwischen 50 und 60 Millionen Dollar eingespielt haben.

© by Ingo Löchel

  • (1)    Marli Renfro
  • (2)    Marli Renfro


Psycho
(Originaltitel: Psycho)
USA 1960

Stab

  • Regie: Alfred Hitchcock
  • Drehbuch: Joseph Stefano
  • Kamera: John L. Russell
  • Schnitt: George Tomasini
  • Musik: Bernard Herrmann

Darsteller

  • Janet Leigh als Marion Crane
  • Anthony Perkins als Norman Bates
  • Vera Miles als Lila Crane
  • John Gavin als Sam Loomis
  • Martin Balsam als Privatdetektiv Milton Arbogast
  • John McIntire als Sheriff Al Chambers
  • Simon Oakland als  Dr. Fred Richmond
  • Patricia Hitchcock als Marions Bürokollegin
  • Vaughn Taylor als Mr. George Lowery
  • Frank Albertson als Tom Cassidy
  • John Anderson als California Charlie
  • Mort Mills als Highwaypolizist
  • Lurene Tuttle als Mrs. Chambers

FSK: Ab 18 Jahren (Kinostart), später ab 16 bzw. ab 12 Jahren
Laufzeit: 109 Minuten

Deutscher Kinostart: Am 7. Oktober 1960

 

 

 

 


 

 



 

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