Mittwoch, 12. Mai 2021

Die Film Revue - Teil 2

Die Filmzeitschrift "FILM REVUE" war bis Anfang der 1960er das wohl einflussreichste Filmmagazin Deutschlands. 1962 verkaufte der Karlsruher Verleger Karl Fritz jedoch die Filmzeitschrift an Franz Burda. 

Diese Übernahme überlebte die "FILM REVUE" als eigenständige Zeitschrift jedoch nicht sehr lange. Denn 1963 wurde sie eingestellt und mit dem  Modemagazin "FREUNDIN"“ unter dem Titel „"FREUNDIN - FILM REVUE"“ zusammengelegt. Im weiteren Verlauf der 1960er verschwand die "FILM REVUE" dann endgültig vom Markt.

Vermutlich steckte hinter Burdas Entscheidung, dem Karlsruher Verleger Karl Fritz 1962 seine Zeitschrift „Film-Revue“ abzukaufen nicht nur der Wunsch nach Expansion, sondern auch die Aussicht auf dem Parkett der internationaler High Society zu glänzen, denn die Übernahme der "FILM REVUE" bedeutete gleichzeitig auch Deutschlands wohl glamouröseste und bekannteste Film-Gala, die Bambi-Verleihung, auszurichten.

DOCH WIE FING ALLES AN?

Wie wurde die "FILM REVUE" gegründet und mit welchen Anfangsschwierigkeiten hatten die Gründer der Filmzeitschrift damals zu kämpfen?

MAN SCHREIBT DAS JAHR 1948.

Am 21. Juni  1948 wurde in Westdeutschland die Währungsunion durchgeführt und jeder Westdeutsche bekam 40 Deutsche Mark in die Hand gedrückt. 

Die Redaktion der FILM REVUE war inzwischen in eine geräumigere Privatwohnung in Karlsruhe umgesiedelt. Ein dritter Redakteur war eingestellt worden sowie ein Bote, der den Kurierdienst zwischen Karlsruhe und Baden-Baden und zwischen Karlsruhe und Stuttgart versah.

Wie Spielbanken, Coca-Cola-Hallen, Eis-Dielen und Snack-Bars, schossen auch alle möglichen Magazine, Film-Zeitschriften und Illustrierte aus dem Boden. Die erste Nummer der FILM REVUE nach der Währungsreform bestand jetzt schon aus 16 Seiten. Die Auflage war von 50.000 in der Anfangszeit auf 200.000 geklettert.

Fast ein Jahr lang ging alles gut  und die Erscheinungsweise der Filmzeitschrift wurde sogar auf eine 14tägliche umgestellt.

Die Redaktion zog unterdessen nach Baden-Baden um. Ein Hotel, das unter den Besatzungsverhältnissen gelitten hatte, nahm sie auf. Da keine Handwerker zu bekommen waren, mussten zwei Sekretärinnen die Wände weiß färben.

Im Hause gegenüber übte sich eine Französin von morgens bis abends im Gesang.

Oben waren einige Zimmer für Hotelgäste freigeblieben. In einem übernachteten zwei Amerikaner, von denen einer im Bett rauchte und erst das Zimmer, dann das ganze Hotel in Brand steckte.

Kurz nach 8 Uhr morgens kam der Zug an, der die in Karlsruhe wohnenden Redakteure und Sekretärinnen nach Baden-Baden brachte. Diese sahen gleich die Bescherung, die der amerikanische Soldat durch seine Zigarette angerichtet hatte.

DIE FILM REVUE BRENNT

Von weitem erblickten die Ankömmlinge schon die Schlauchleitungen auf der Straße liegen und sahen blitzende Feuerwehrhelme. Hotelbetten, Plüschsofas und Schränke wurden herausgetragen, aber nicht die Schreibtische der Redaktion und der übrigen Mitarbeiter.

Durch Qualm und Rauch arbeiteten sich diese in das brennende Hotel vor. Einem Polizisten, der sie zurückhalten wollte, riefen sie „Presse!" zu, indem sie ihre Ausweise  zückten und so schleppten sie die "FILM REVUE" - Kostbarkeiten ins Freie: angesengte Bilder von Stewart Granger und Margaret Lockwood, Stühle, Kästen, die Leserbriefe, die Schauspielerkartei.

Auch der Amerikaner, der mit der brennenden Zigarette eingeschlafen war, lebte noch. Er wurde zur Kürzung seines Wehrsolds verurteilt und später nach Korea versetzt.

MAN SCHREIBT DAS JAHR 1949

Es ist die Zeit der neuen Währung, der deutschen Mark. Jedermann in Westdeutschland lernt wieder den Wert des Geldes zu schätzen, dafür sinken aber die Auflagen sämtlicher deutscher Zeitungen rapide. 

Als das Ende der ausgegebenen Lizenzen durch die Alliierten und die Einführung des neuen deutschen Pressegesetzes (21. September 1949) kommt, ist auch die Druckauflage der "FILM REVUE" auf 69.400 Stück abgesunken. Die Grenze der Rentabilität der Filmzeitschrift ist damit unterschritten.

Die Redaktion der "FILM REVUE" zog damals in einen Hinterhof des westlichen Baden-Badens um. Ein völlig verbautes Haus. Im Obergeschoß lief eine hölzerne Balustrade außen um das ganze Gebäude herum, ähnlich wie bei österreichischen Bauernhäusern.

Um zum Chefredakteur zu gelangen, mussten die Redakteure und Mitarbeiter bei jeder Witterung über den langen Balkon laufen und dann durch einen Abstellraum in eine Art Besenkammer zu gelangen, in der das geistige Oberhaupt der "FILMREVUE" hinter einem allzu billigen, schmalen Schreibtisch thronte.

Im Sommer war es in dieser veredelten Baracke so heiß, dass der Chefredakteur gewöhnlich mit bloßem Oberkörper hinter dem Schreibtisch saß, während seine nackten Füße in einem wassergefüllten Eimer steckten.

1950 war das HARALD GLOTH, der dritte Chefredakteur, der im Spätsommer des Jahres 1950 die "FILM-REVUE" übernommen hatte.

Der gebürtige Berliner, Vollblutjournalist, der sich 1935 bei der „"Berliner Morgenpost" seine journalistischen Sporen verdient und die Redaktionsarbeit von der Pike auf gelernt hatte, brachte schnell frischen Wind in die FILM REVUE. Durch seinen journalistischen Spürsinn und seinem Blick für die Realitäten einer erfolgreichen Publikums-Illustrierten gelang es, der FILM-REVUE neuen Auftrieb zu geben.

Und seit Amtsübernahme von Harald Gloth stieg die Auflage der Filmzeitschrift stetig an. Von 80.000 zu 100.000 auf 200.000, bis sie 1957, zum zehnjährigen Jubiläum der Film Revue, die stattliche Auflagezahl von 475.000 Stück erreichte.

© by Ingo Löchel








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