Heute vor 155 Jahre wurde der deutsche Carl Laemmle
geboren. Ein guter Grund an dieser Stelle an den Gründer der Universal Studios
zu erinnern.
Am 17. Januar 1867 wurde in dem
kleinen württembergischen Städtchen Laupheim ein Junge mit Namen CARL LAEMMLE
geboren, von dem damals noch niemand ahnte, dass er eines Tages der Vater einer
weltumspannenden Filmindustrie werden sollte, deren Erzeugnisse die
Lebensgewohnheiten von Millionen von Menschen verändern würden.
Die meisten seiner Zeitgenossen
überragten diesen jungen Mann aus Laupheim um Haupteslänge.
Aber das Wort
„Minderwertigkeitskomplexe" existierte nicht im Sprachschatz des
Deutschen. Carl Laemmle krempelte einfach die Ärmel hoch und schuf aus dem
Nichts heraus jene Stadt, deren Namen heute jeder kennt: Hollywood.
Nach seiner Lehre als Kaufmann
wanderte Laemmle am 28. Januar 1884 im Alter von 17 Jahren in die USA aus.
Als Carl Laemmle am 13. Februar 1884 mit dem Auswandererdampfer „Neckar“ aus Bremerhaven den Hafen von New York erreichte, hatte der junge Mann nur wenig Geld in der Tasche. So war sein erster Job der eines Laufburschen für einen Drugstore.
Kurze Zeit später zog er nach
Chicago, wo sein älterer Bruder Joseph wohnte. Laemmle wurde Geschäftsführer
einer Textilfirma in Oshkosh (Wisconsin), wo er mit auffälligen Werbeaktionen
auffiel.
1906 machte sich Laemmle in Chicago selbstständig und investierte sein Geld in ein Nickelodeon, ein sogenanntes 5-Cent-Filmtheater, in der Milwaukee Avenue und gründete gleichzeitig auch einen Filmverleih.
Das Geschäft boomte und
innerhalb kürzester Zeit gehörten ihm 50 Kinos. Bereits 1908 war seine Firma
die größte Film-Verleihfirma in den USA.
Carl Laemmle, der Vater der
Filmindustrie, begriff als Erster die Faszination, die der Film auf die Massen
ausübte. Film war für den Deutschen mehr als nur eine Spielerei für den
Augenblick. Film bedeutete Macht über die Herzen der Menschen, bedeutete aber
auch Geld und Einfluss.
1909 gründete Carl Laemmle die
Firma „INDEPENDENT MOTION PICTURES“ (IMP) und brachte seinen ersten, 300 Meter
langen Film, „HIAWATHA“, heraus.
Ein Jahr später landete er
seinen nächsten Coup. Er 'erfand' den Star und den dazugehörigen Starrummel.
Während die Konkurrenzfirmen
ihre Schauspieler namenlos agieren ließen, weil sie mit Recht fürchteten, eine
allzu große Popularität mit höheren Gagen honorieren zu müssen, tutete Laemmle
mächtig ins Reklamehorn. Er engagierte eine junge Darstellerin namens FLORENCE
LAWRENCE (1886-1938), die als „BIOGRAPH GIRL“ schon recht bekannt war.
Sodann ließ er durch die Presse die Nachricht ausstreuen, Lawrence sei spurlos verschwunden. Danach: Florence sei von einer Straßenbahn überfahren worden. Nachdem die Zeitungen diese Informationen mit ellenlangen Berichten weidlich ausgeschlachtet hatten, betätigte der bauernschlaue Deutsche kühl die Dementiermaschine: Alles Quatsch!
Das Biograph Girl lebt! Zum
Beweis trat Florence persönlich in St. Louis auf. Dort wurde sie von der
begeisterten Menschenmenge fast in Stücke gerissen. Damit war der erste Star
des Films geboren.
Carl Laemmle ist zwar längst
tot. Aber sein Rezept, wie man Schlagzeilen und jemanden zum Star macht, ist
heute noch so gültig wie vor über 100 Jahren.
Der aufkommende Film, dessen
Studios zunächst an der amerikanischen Ostküste beheimatet waren, breitete sich
mit rasender Geschwindigkeit über ganz Amerika aus.
In aller Stille schmiedete Carl
Laemmle unterdessen Anfang der 1910er-Jahre aus vier kleineren Firmen, „BISON
101“, „NESTOR COMPANY“, „POWERS“ und seiner eigenen „IMP“, den ersten
Filmkonzern der Geschichte.
Am 8. Juni 1912 entstand aus
dieser Fusion die UNIVERSAL PICTURES COMPANY INC., mit Hauptsitz in New York,
Union Square. Einer der ersten Filme dieser neuen Filmgesellschaft, „AFRICAN
HUNT“, erreichte damals die sagenhafte Laufzeit von 15 Minuten!
Schon vier Wochen nach der
Gründung der Universal waren die Räumlichkeiten in New York für die Filmfirma
zu klein geworden. In diesem Augenblick traf Laemmle die historische
Entscheidung, die das Gesicht der gesamten amerikanischen Filmindustrie für
immer beeinflussen und verändern sollte.
Für 165.000 US-Dollar kaufte
der Deutsche nördlich von Los Angeles im San Fernando-Tal ein verwildertes
Gelände, das flächenmäßig größer war als der Kleinstaat Monaco.
Laemmle erwarb es mitsamt einer
Hühnerfarm, die ursprünglich dort ansässig war. Freunde und Mitarbeiter hielten
Laemmle dagegen für verrückt, als er für diese Summe dieses völlig verwilderte
Stück Land mit dem kleinen Stechpalmenwald (Hollywood) erwarb. Aber Laemmle
wusste genau, was er wollte.
Drei Jahre nachdem er im Juni
1912 die Universal Pictures Company aus einigen kleineren Filmfirmen zusammengeschmiedet
hatte, wuchs auf dem für viele wertlosen Land die erste - damals größte - und
heute älteste Filmstadt der Welt empor: Universal City.
Dann, am 15. März 1915 war es
dann endlich so weit. Mit einem goldenen Schlüssel
schloss Carl Laemmle die Tore von Universal City auf.
20 000 eingeladene Gäste
bewunderten die erste komplette, eigens für den Film eingerichtete Stadt mit
425 Gebäuden, mit eigener Feuerwehr und Polizei, mit einem Zoo, bestehend aus
40 Löwen, 10 Leoparden, Elefanten und anderem Getier und mit einem künstlichen
Wasserfall, der per Knopfdruck in Gang gesetzt werden konnte.
Von diesem Tag an datiert die
eigentliche Geburtsstunde Hollywoods.
Auch die anderen Filmfirmen
verlegten daraufhin nach und nach ihre Studios von New York nach Kalifornien.
Während er weiter expandierte, 'erfand' Laemmle als Erster den sogenannten
Massenstart eines Films. Auf seine Anregung hin wurden die Jupiterlampen
erfunden. Zudem baute er das erste Studio für Trickaufnahmen und brachte 1917
die erste amerikanische Wochenschau auf den Markt.
Außerdem ließ Laemmle als
Erster einen Kamerakran konstruieren und investierte als Erster - im Jahre 1922
- eine volle Million Dollar in einen einzigen Film, nämlich für „FOOLISCH WIVES“.
Auch bei diesem Film bewies
Carl Laemmle sein einmaliges Reklamegenie. Während die Uraufführung in New York
bereits fest terminiert war, ließ er in Los Angeles an der Westküste einen
Panzerzug starten, in dem die Cutter den noch unfertigen Film zurechtschnitten.
Wenn sie es schafften, winkte
ihnen eine hohe Prämie. Und sie schafften es. Überall, wo der Zug auf seiner
Reise quer durch die Staaten hielt, gab es ein gewaltiges Aufsehen. Ganz
Amerika verfolgte den spannenden Wettlauf mit der Zeit.
Als Carl Laemmle am 24.
September 1939 verstarb, war sein Imperium, die Universal Studios, die er zu
Beginn des Jahrhunderts gegründet hatte, so groß, dass er es nicht mehr
überschauen konnte.
© by Ingo Löchel
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