Sonntag, 24. Juli 2022

Actionfilm: The Nice Guys (2016)

Los Angeles 1977. Holland March (Ryan Gosling), ein abgehalfterter Privatdetektiv, und Jackson Healy (Russell Crowe), der als Mann fürs Grobe angeheuert wird, haben nicht viel gemeinsam.

Doch dann werden beide in den Fall der vermissten Amelia (Margaret Qualley) verstrickt. Widerwillig zur Zusammenarbeit gezwungen, streifen sie gemeinsam mit Marchs pubertierender Tochter Holly (Angourie Rice) durch Los Angeles, um verworrenen Hinweisen auf den Grund zu gehen.

Bis Amelias Spur sie zu einer Multi-Milliarden-Dollar-Verschwörung führt, die bis in die höchsten Kreise reicht und sie zum Ziel skrupelloser Profikiller macht...

„THE NICE GUYS“ ist nicht der erste Film, für den Regisseur SHANE BLACK ein ungewöhnliches Duo entwickelte und dieses dann mit einem mächtigen Gegner konfrontierte, gegen den es eigentlich keine Chance hatte. 

Vor genau 30 Jahren hatte Black sein erstes Drehbuch an Produzent Joel Silver verkauft, einen Actionfilm über einen stets die Regeln einhaltenden Detective des Los Angeles Police Department, der widerwillig einen neuen Partner bekommt, einen etwas aus dem Gleichgewicht geratenen Cop namens Riggs.

Dieser Film war „ZWEI STAHLHARTE PROFIS“ und der Rest ist, wie es so schön heißt, bekannt. Nach den drei Fortsetzungen zu dieser Franchise-Ouvertüre produzierte Silver auch „LAST BOY SCOUT“ (1991) und „KISS KISS BANG BANG“, Shane Blacks Regiedebüt. Zehn Jahre später arbeiteten die beiden Profis bei „THE NICE GUYS“ erneut zusammen.

„Meiner Ansicht nach ist Shane ein Filmemacher mit einer einzigartigen kreativen Stimme. Er schreibt und inszeniert keine traditionellen Komödien, sondern Actionfilme mit Humor. Das ist ein komplett anderer ästhetischer Ansatz. Er erzählt ernste Geschichten über abgebrühte knallharte Typen. Den ganzen Film hindurch gibt es witzige Momente, aber die knallharte Action hilft dabei, dass der Humor auch zündet.“ (1)

In diesem Fall heißen die harten Jungs Healy und March. Gespielt werden sie von RUSSELL CROWE und RYAN GOSLING.

 den preisgekrönten Stars Russell Crowe und Ryan Gosling. Letzterer erläutert, was den Autor und Regisseur des Films auszeichnet: „Die von Shane erschaffenen Welten zeichnen sich durch einen ganz speziellen Erzählton aus – etwas surreal, aber in der Realität verwurzelt. Seine Figuren sind dramatisch überhöht, aber irgendwie hat man das Gefühl, dass man sie kennt. Im Kern erzählt THE NICE GUYS eine Kriminalgeschichte, aber Shane kann die Erwartungen an dieses Genre unterlaufen. Man denkt, dass es in die eine Richtung geht und wird dann von ihm in eine andere gelenkt und geführt.“

Die erste Begegnung von Jackson Healy und Holland March endet für March mit einem eingegipsten Arm. Verständlicherweise ist March etwas beunruhigt, als Healy dann in der Toilette einer Kegelbahn auftaucht und March, den gerade andere Dinge beschäftigen, recht hilflos und angreifbar vorfindet. Noch überraschender aber ist, dass Healy March engagieren will, um Amelia aufzuspüren. 

Eine Ironie des Schicksals, gelinde gesagt, hatte doch Amelia ursprünglich Healy angeheuert, um March von ihrer Spur abzubringen und aus der Bahn zu werfen – eine Aufgabe, die Healy beinahe im wörtlichen Sinne erledigt hat. Aber inzwischen haben sich die Umstände geändert. Denn Healy hat auf die harte Tour erfahren, dass einige üble Typen nach Amelia suchen, die jetzt spurlos verschwunden ist. Dabei nimmt Healy weniger Anstoß an dem Auftrag an sich, sehr wohl aber an der Art und Weise, wie diese Typen ihr Vorhaben umsetzen.

„Healy ist eine interessante Figur, denn er ist ein pragmatisch handelnder Mann, für den Gewalt schlicht zu seinem Geschäft gehört. Er hat ein persönliches Credo, an dem er sein Leben ausrichtet, und dieses erlaubt es ihm nicht, Typen zu tolerieren, die in seine Wohnung hereinplatzen und mit Schusswaffen herumfuchteln. Sie haben sich wie Trottel verhalten und überflüssigen Schaden angerichtet, deshalb fühlt sich Healy jetzt persönlich angegriffen.

„March dagegen macht sich weniger Gedanken über moralische Feinheiten, weil er im Grunde vieles verdrängt und sich nicht der Realität stellt. Er lebt von der Hoffnung, dass sich alles zum Besseren wenden wird. Doch man muss Dinge anders angehen um letztlich auch eine Veränderung herbeiführen zu können.

Sein Weg zeigt kontinuierlich nach unten, trotzdem forciert er alles weiter, versucht verzweifelt, noch einen weiteren Tag durchzuhalten, noch einen weiteren Dollar zu verdienen und die Wölfe noch etwas länger abzuwehren. Letztendlich aber erträgt er diese Lebensweise nicht mehr. Er wird eine Lektion von jemandem lernen, von dem er das nie erwartet hätte – von dieser anderen gescheiterten Existenz, die in sein Leben tritt.“ (2)

Bevor Healy in Marchs Leben trat, gab es bereits einen Menschen, der ihn vor dem totalen Absturz bewahrte oder es zumindest versuchte. Die junge australische Schauspielerin Angourie Rice, die sich bei der ausgedehnten Suche der Filmemacher nach der richtigen Besetzung dieser Rolle gegen Hunderte anderer Bewerberinnen durchsetzen konnte, verkörpert Marchs Tochter Holly. Sie ist ein Teenager und trotzdem ist oft nicht ganz klar zu erkennen, wer hier die Elternrolle innehat.

„Sie streiten oft, aber Holly ist fest entschlossen, ihren Vater bei allem, was er tut, zu unterstützen, weil sie sicherstellen will, dass er sich nicht zum Narren macht.  Andererseits findet Holly es auch cool, dass er ein Privatdetektiv ist und will unbedingt mitmachen. Das hat manchmal sein Gutes, aber sie bringt sich auch selbst in einige knifflige Situationen. Sie ist eine starke Figur, und das gefällt mir. Sie ist tough und sehr klug. Tatsächlich ist sie der Kopf des Ganzen.“ (3)

Um diese Vater-Tochter-Beziehung so glaubwürdig wie möglich darstellen zu können, verbrachten Gosling und Rice bereits vor Beginn der Dreharbeiten einige Zeit miteinander. So konnten sie sich besser kennenlernen.

Genau genommen beginnt die Suche nach Amelia mit dem Autounfall, bei dem Pornostar Misty Mountain ums Leben kommt. Als Mistys trauernde Tante Tage später ihre Wohnung aufräumen und auflösen will, sieht sie dort eine junge Frau, die sie für ihre Nichte Misty hält und die sehr lebendig ist. Holland March braucht nicht lange, um alle Hinweise richtig einzuordnen und festzustellen, dass diese junge Frau tatsächlich Amelia und nicht Misty war. Damit sollte die Sache eigentlich erledigt sein, tatsächlich aber beginnt damit alles erst.

Amelia hatte mit großem Engagement versucht, die mächtigen Entscheider in L.A. zu zwingen Maßnahmen zu ergreifen, um den Smog, der die Stadt erstickt, zu reduzieren – Maßnahmen, die längst zum Einsatz hätten kommen können, aber sehr viel Geld kosten.

Im Verlauf der Geschichte stellt sich heraus, dass Amelia über ihre Mutter Judith Kuttner, die Leiterin des kalifornischen Justizministeriums, gespielt von KIM BASINGER, selbst beste Verbindungen in die Machtzentralen hat.

„THE NICE GUYS“ bot Kim Basinger die Gelegenheit, nach „L.A. CONFIDENTIAL“ wieder mit Russell Crowe vor der Kamera stehen zu können. Doch das war nur einer der Aspekte, die sie an diesem Projekt reizten.

„Ich kenne Joel schon viele Jahre, habe dann Shane kennengelernt und mich sofort gut mit ihm verstanden. Weil ich seinen Schreibstil liebe, wollte ich unbedingt an diesem Film mitarbeiten.“ (4)

March und Healy sind nicht die Einzigen, die nach Amelia suchen. Tatsächlich sind mehrere gefährliche Typen hinter ihr her, ganz besonders ein Auftragsmörder, gespielt von Matt Bomer, der John Boy genannt wird.

In der von Black erzählten Geschichte tauchen noch zwei weitere Profikiller auf. Der eine, der nur „Älterer Typ“ genannt wird, wird von Keith David dargestellt, der andere, der aus mehr als nachvollziehbaren Gründen „Blue Face“ heißt, wird von Beau Knapp verkörpert. Als diese beiden Männer auf Healy treffen und sich dabei recht unprofessionell verhalten, kommt es zu der Partnerschaft, die im Fokus von THE NICE GUYS steht.

Um das Los Angeles von 1977 auf der Leinwand zum Leben erwecken zu können, arbeitete Shane Black eng mit den wichtigsten Mitgliedern seines Kreativteams zusammen, darunter mit Kameramann Philippe Rousselot, Produktionsdesigner Richard Bridgland und Kostümdesignerin Kym Barrett. Alle drei schreiben dem Drehbuch einen ganz speziellen Erzählton zu, den sie dann auch in ihren Aufgabenbereichen auf die Leinwand zu übertragen versuchten – durch Bildgestaltung und Beleuchtung, durch Kulissen und Kostüme.

Obwohl die Geschichte von „THE NICE GUYS“ ausschließlich in Los Angeles spielt, wurden die meisten Innenaufnahmen und auch einige Außenaufnahmen in Atlanta, der Metropole des US-Bundesstaats Georgia, gedreht. Dabei wurden Bridgland und seine Mitarbeiter vor allem mit zwei Herausforderungen konfrontiert: Sie mussten nicht nur die Zeit, in der die Geschichte angesiedelt ist, sondern auch den Schauplatz exakt nachempfinden und abbilden.

Sie begannen ihre Arbeit mit ausgiebigen Recherchen über die 1970er Jahre, sahen sich Filme aus dieser Zeit an, studierten Magazine und Zeitungen, ja sogar private Fotoalben. Zudem stöberten sie in Antiquitätenläden und Retro-Shops und fanden dort Sachen, die sie für die Dekoration der Sets verwenden konnten.

Wann immer es erforderlich war, wurden visuelle Effekte zur Anpassung der örtlichen Gegebenheiten eingesetzt – ob man nun digital Blätter von den Bäumen oder Dinge entfernte, die nicht in die 1970er Jahre passten, oder etwas digital hinzufügte um mit solchen Details diese Zeit wieder zum Leben zu erwecken. Ein Drehort passte allerdings bereits perfekt. Es war das Hilton Hotel im Zentrum von Atlanta, das im Film Schauplatz der finalen Konfrontation während einer Automobilmesse ist, der Los Angeles Auto Show.

„Das Hotel wurde 1976 erbaut, und vieles von der Inneneinrichtung ist weitgehend unverändert geblieben“, erklärt Bridgland. „Und wenn die Verantwortlichen neue, moderne Elemente hinzugefügt haben, dann haben sie diese in das Gebäude integriert und dabei den Stil der 1970er Jahre bewahrt und beibehalten. Besser hätten wir es nicht treffen können. Im Grunde hat man uns das ganze Hotel überlassen und das haben wir uns wirklich zunutze gemacht.“ (5)

Mit „THE NICE GUYS“ präsentiert der Regisseur SHANE BLACK ein unterhaltsames Buddy-Movie, das man sich durchaus ein zweites Mal anschauen kann. Danach reicht es aber auch, denn trotz der guten Besetzung hinterlässt der Film letztendlich keinen bleibenden Eindruck.

© by Ingo Löchel

(1)    Produzent Joel Silver
(2)    Regissseur Shane Black
(3)    Angourie Rice
(4)    Kim Basinger
(5)    Produktionsdesigner Richard Bridgland


The Nice Guys
USA 2016

Stab

  • Regie: Shane Black
  • Drehbuch: Shane Black und Anthony Bagarozzi
  • Kamera: Philippe Rousselot
  • Schnitt: Joel Negron
  • Musik     David Buckley und John Ottman

Darsteller

  • Russell Crowe als Jackson Healy
  • Ryan Gosling als Holland March
  • Angourie Rice: Holly March
  • Matt Bomer: John Boy
  • Margaret Qualley: Amelia Kuttner
  • Murielle Telio: Misty Mountains
  • Lois Smith: Mrs. Glenn
  • Gil Gerard: Bergen Paulsen
  • Keith David: Älterer Typ
  • Kim Basinger: Judith Kuttner
  • Beau Knapp: Blue Face
  • Yaya DaCosta: Tally
  • Ty Simpkins: Bobby
  • Jack Kilmer: Chet
  • Hannibal Buress: Bumble
  • Daisy Tahan: Jessica

FSK: Ab 16 Jahren
Laufzeit: 116 Minuten

Deutscher Kinostart: Am 2. Juni 2016

 

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