Wenn die Beamten des Sonderdezernats der Londoner Metropolitan Police um ihren väterlichen Anführer Jack Regan (Ray Winstone) gerufen werden, um Kriminelle auf frischer Tat zu stellen, wird durchaus auch die Brechstange eingesetzt.
Ganz zum Missfallen von Ivan Lewis (Steven MacIntosh) von der internen Aufsichtsbehörde, dem Jacks Methoden schon lange ein Dorn im Auge sind. Und der Hass gegenüber Regan wäre vermutlich noch ein bisschen größer, wenn Lewis wüsste, dass dieser auch noch eine Affäre mit seiner Frau hat, der Polizistin Nancy (Hayley Atwell), die lange schon einen Weg sucht, ihrer lieblosen Ehe zu entkommen.
Jack Regan mag ein Dinosaurier sein, aber seine Leute im Sonderdezernat lassen nichts auf ihren Chef kommen. Sie verehren ihn, ganz besonders der junge George Carter (Ben Drew), der in einem Sozialviertel aufwuchs und den Jack persönlich unter seine Fittiche nahm, um ihn vor einer Laufbahn als Krimineller zu bewahren. George ist Jacks Musterschüler, sein bester Mann und obendrein bester Freund.
Gemeinsam gehen sie durch Dick und Dünn. Aber noch nicht einmal George kennt alle Geheimnisse Jacks. Um stets bestens informiert zu sein, was sich in der Unterwelt abspielt, schmiert er seine Informanten bisweilen auch mit Wertgegenständen, die er bei erfolgreich zu Ende gebrachten Einsätzen hat mitgehen lassen.
Auf diese Weise wird Regan auch auf eine private Geschäftsbank am Trafalgar Square aufmerksam gemacht, die angeblich von einer Gruppe Schwerverbrechern ins Visier genommen wurde. Eingehend studieren Jacks Männer die Bank und kommen zu dem Schluss, dass sie ein optimales Ziel für einen Einbruch abgeben würde.
Doch dann wird das Sonderdezernat abgezogen und mit einem anderen Fall beauftragt. Ein Juwelier wurde mitten am Tag von drei Männern überfallen, der Safe ausgeräumt, und beim Verlassen des Geschäfts wurde ohne erkennbaren Grund noch eine verschüchterte Kundin regelrecht hingerichtet.
Regan erkennt sofort die Handschrift des Einbruchs – die eines altern Bekanntern, Francis Allen (Paul Anderson), der Jahre abgetaucht war. Regans Männer heften sich an seine Fersen und stöbern ihn in einem Häuschen auf dem Land auf. Als Allen auch noch Besuch von zwei weiteren halbseidenen Typen erhält, greifen die Männer vom „Sweeney“ zu.
Doch die Verhöre verlaufen anders als gedacht. Selbst als Jack beginnt, die Verdächtigen unter Druck zu setzen, pochen sie noch auf ihre Unschuld und legen Alibis vor. Die Zeit drängt.
Als er weiterforscht, findet er heraus, dass die serbische Frau Kontakte zu einigen Schwerverbrechern hatte, die vom europaweit bekannten Killer Malkin Trebolt angeführt werden. Sie stecken offenbar hinter dem Überfall. Die Frau musste sterben, weil sie zu viel wusste.
So muss Regan Francis Allen laufen lassen und öffnet damit seinem Rivalen Lewis Tür und Tor, das Sondereinsatzkommando aus den Angeln zu heben. Ohne Jacks Wissen nimmt Lewis Kontakt zu seinem Vertrauten George Carter auf.
Der Mann von der internen Dienstaufsichtsbehörde verspricht Carter, er werde sich für ihn einsetzen und für seine Beförderung stark machen, wenn er ihm Regan ans Messer liefert…
Ganz am Anfang von RAY WINSTONE Karriere stand die Serie „DIE FÜCHSE“ (Originaltitel: THE SWEENEY), in der der Schauspieler 1976 einen Gastauftritt hatte.
„DIE FÜCHSE“ zeichnete sich durch seine teure und sorgfältige Machart aus, die man eher mit amerikanischen Serien der Zeit in Verbindung bringen würde. Das war zum Großteil den beiden Hauptfiguren an der Spitze des Sondereinsatzkommandos zu verdanken, Jack Regan, damals gespielt von John Thaw, und George Carter, gespielt von Dennis Waterman.
Während der dritten Staffel wurde im Dezember 1976 eine Folge ausgestrahlt, die LOVING ARMS hieß. Im Abspann findet man unter dem Rollennamen „Jugendlicher“ einen gewissen Raymond Winstone.
„Es war einer meiner ersten Jobs überhaupt, ,Loving Arms’, und ich erinnere mich, dass ich unangenehm auffiel, weil ich nicht still halten konnte. Ich war nur ein Statist und sollte eigentlich meinen Mund komplett halten. Das war mir gar nicht klar gewesen, die Regeln wurden mir erst nach und nach beigebracht. Und jetzt sind wir 35 Jahre weiter, und auf einmal spiele ich Jack Regan.“ (1)
Die fliegende Einsatztruppe, an deren Spitze Regan und George Carter stehen, ist ein schlagkräftiger Trupp, besetzt mit zu allem entschlossenen Männern, die bereit sind, zu denken wie Verbrecher, um Verbrecher fangen zu können.
Regisseur NICK LOVE, der zusammen mit John Hodge auch das Drehbuch zum Film schrieb, war Authentizität ebenso wichtig wie die Umsetzung einiger elektrisierender Actionszenen.
„Ich denke, es gibt eine Stimmung in der realen Welt, dass uns das Gesetz ein wenig im Stich gelassen hat. Die Polizei sieht tatenlos zu, ihr sind die Hände gebunden, weil sie zu sehr auf die Einhaltung von Regeln bedacht ist.
Aber das Sonderdezernat in unserem Film ist eher eine Gruppe von Jungs, die rausgehen und sich das Verbrechen frontal vornehmen – sie verhalten sich wie Kriminelle, um Kriminelle zu fangen.
Und ich hoffe, dass das Publikum, das unseren Film sieht, denken wird: ,Leute wie Regan und Carter brauchen wir in der Polizei’. Sie sind wie Abtrünnige, aber sie nutzen diesen Status kompromisslos zu ihrem Nutzen.“ (2)
Im Mittelpunkt von THE CRIME steht der unvergleichliche Jack Regan: loyal, hart, überzeugt davon, seine Arbeit auf die gute alte Weise zu erledigen.
„Wenn es eine Ähnlichkeit zwischen THE CRIME und der alten Serie gibt, dann ist es die Prämisse, dass John Thaw immer ein bisschen wie ein einsamer Wolf rüberkommt, eine Art Dinosaurier. Auf diesen Aspekt habe ich in unserem Drehbuch besonderen Wert gelegt. Ray ist Anfang fünfzig.
Es wäre Unsinn gewesen, ihn so darzustellen wie einen durchtrainierten 35-Jährigen. Also haben wir seinen dicken Bauch betont – Ray liebt diese Sachen! – und sein Kettenrauchen und seine Vielweiberei.
Als ich an Bord kam, holte ich sofort auch Ray an Bord. Er ist das absolute Gegenteil dessen, was man mit der Polizei in Verbindung bringen würde. Das passt perfekt zu seiner Figur, zu der Welt von Cops und Räubern, wie wir sie zeigen, in der die Grenzen zwischen Gut und Böse nicht ganz klar abgesteckt sind.“ (3)
Jack Regan mag zwar der älteren Generation angehören, aber sein bester Kumpel George Carter, seine rechte Hand, ist ein junger Mann, mit dem sich die jungen Leute identifizieren können. Die Figur des George Carter wurde im Fernsehen von Dennis Waterman gespielt. Er ist Regans engster und wichtigster Vertrauter, sowohl im Dienst wie auch privat.
Für die Darstellung des George Carter wandten sich Nick Love und Allan Niblo an den Musiker und Schauspieler BEN DREW, der gerade erst mit "Ill Manors" sein Debüt als Regisseur gegeben hat. Ursprünglich hatten die Filmemacher vorgesehen, dass Ben Drew nur eine kleine Rolle in „THE CRIME“ spielen sollte.
„Wir hatten ein paar Leute für die Rolle Carters ins Visier genommen, aber Ray sagte, dass man den Finanziers unbedingt Ben vorschlagen sollte, weil er sich in seinen Augen wie ein Carter anfühlte. Er ist jung und von sich selbst überzeugt, aber ist gleichzeitig sehr sensibel und emotional, ein ausgesprochen intelligenter Mann.“ (4)
Natürlich besteht das Sondereinsatzkommando der Londoner Metropolitan Police nicht nur aus Regan und Carter.
Zu den beiden Hauptfiguren gesellt sich ein dynamischer Mix aus ambitionierten Neulingen und mit allen Wassern gewaschenen Veteranen. Dazu kommt noch die ausgesprochen fähige und attraktive Polizeibeamtin Nancy, gespielt von HAYLEY ATWELL.
„Nancy ist eine Polizistin, die immer an vorderster Front mit dabei ist. Und Hayley war mehr als einfach nur großartig. Es ist witzig, dass sie in einer Londoner Sozialsiedlung groß geworden ist, Ladbroke Grove.
Man würde sie für ein Mädchen aus der Oberschicht halten, aber das ist sie nicht. Sie hat sich einfach dazu entschlossen, die Schauspielschule zu besuchen. Mann, sie macht alles mit. Mehr als man es sich vorstellen könnte. Ich liebe das an ihr, und sie ist einfach großartig in der Rolle.“ (5)
Mit dem knallharten Kriminalfilm „THE CRIME“ beweist der Regisseur NICK LOVE, dass sich britische Produktionen nicht vor Filmen aus Hollywood verstecken bzw. fürchten müssen.
Denn die Verfolgungsjagden und der Bankraub mit der sich anschließenden Schießerei sind nicht nur spektakulär inszeniert, sondern können auch durchweg überzeugen, obwohl man sich manchmal schon die Frage stellt, warum die Polizisten der Sweeney nicht gerade sehr treffsicher agieren.
Am Ende des Films, den man sich immer wieder anschauen kann, wünscht man sich, dass „THE CRIME“ noch etwas weiter geht. Denn das Action-Spektakel mit den überzeugend agierenden Darstellern macht Lust auf mehr.
© by Ingo Löchel
- (1) Ray Winstone
- (2) Nick Love
- (3) Nick Love
- (4) Nick Love
- (5) Nick Love
The Crime
(Originaltitel: The Sweeney)
GB 2012
Stab
- Regie: Nick Love
- Drehbuch: Nick Love und John Hodge
- Kamera: Simon Dennis
- Schnitt: James Herbert
- Musik: Lorne Balfe
Darsteller
- Ray Winstone als Jack Regan
- Ben Drew als George Carter
- Hayley Atwell als Nancy Lewis
- Steven Mackintosh als Ivan Lewis
- Paul Anderson als Francis Allen
- Alan Ford als Harry
- Damian Lewis als Frank Haskins
- Caroline Chikezie als Kara Clarke
- Kevin Michaels als Makin Trebolt
FSK: Ab 16 Jahren
Laufzeit: 113 Minuten
Deutscher Kinostart: Am 28. Februar 2013
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