Dienstag, 9. August 2022

Thriller: Die Entführung der U-Bahn Pelham 123 (2009)

Unter den Straßen von New York herrscht nackte Angst. Der skrupellose, hitzköpfige Gangster Ryder (John Travolta) hat zusammen mit seinen Komplizen die U-Bahn Pelham 123 entführt.

Dutzende von Fahrgästen sind in dem weitverzweigten unterirdischen Tunnelsystem in Ryders Gewalt. Der Entführer fordert zehn Millionen Dollar, zahlbar innerhalb von nur einer Stunde. Sonst will er seine Geiseln erschießen – eine nach der anderen.

Während Ryder kalt und gnadenlos sein Ziel verfolgt, sucht der Fahrdienstleiter Walter Garber (Denzel Washington fieberhaft nach einer Möglichkeit, den Gangster zu stoppen. Das Problem: Garber ist Beamter der New Yorker Verkehrsbetriebe – er ist kein Cop und er ist für Verhandlungen mit Gangstern und Terroristen in keiner Weise ausgebildet.

Dennoch besteht Ryder darauf, ausschließlich mit ihm zu sprechen. Zwischen den beiden Männern entwickelt sich eine dramatische Verhandlung, bei der etliche Menschenleben auf dem Spiel stehen. Bei den  Wortgefechten muss Garber unter Hochdruck lernen, auf den unberechenbaren Ryder zu reagieren.

Die Zeit läuft. Und zwei Fragen stehen im Raum: Kann Garber die Geiseln retten? Und wie will es Ryder schaffen, aus dem hermetisch abgeschotteten unterirdischen Tunnelsystem zu fliehen?

Der Film„DIE ENTFÜHRUNG DER U-BAHN PELHAM 123“ geht auf einen Bestseller von John Godey zurück. Das zentrale Puzzle des Romans lässt die Leser lange im Dunkeln: Wer würde einen U-Bahn-Zug ausrauben? Man muss verrückt sein, denn eine U-Bahn ist ein geschlossenes System. Selbst wenn man an sein Geld kommt, gibt es keinen Fluchtweg.

Der Roman wurde unter dem Titel „STOPPT DIE TODESFAHRT U-BAHN 123“ bereits 1974 zum ersten Mal mit WALTER MATTHAU und ROBERT SHAW verfilmt und ist bis heute ein Kultklassiker.

Die Filmemacher  (Regisseur Tony Scott, der Drehbuchautor Brian Helgeland, die Produzenten Todd Black, Jason Blumenthal und Steve Tisch) wollten einen neuen Zugang für ihre Adaption. Ein pures Remake des Klassikers war in ihren Augen überflüssig, da der Film auf seinen ganz eigenen Füßen steht.

Stattdessen griffen sie auf das Ausgangsmaterial des Buchs zurück und legten ihre Geschichte als zeitgenössischen Thriller an, der im heutigen New York spielt.

Diese Neuerzählung forderte entscheidende Veränderungen gegenüber dem Original. Der Fahrdienstleiter Garber versucht, seinen guten Ruf wieder herzustellen: Er wird beschuldigt, bestechlich zu sein und wurde von einem leitenden MTA-Angestellten zu einem gewöhnlichen Fahrdienstleiter degradiert. Nun ist er gezwungen, sich auf das tödliche Spiel mit dem Entführer einzulassen.

Als Kontrast dazu will Ryder Rache. Travoltas Bösewicht ist entsetzlich intelligent und ein unberechenbarer Hitzkopf. In einem Moment zeigt er Gnade, im nächsten explodiert er in einer todbringenden Wut.

In seinem vorigen Leben war er an der Wall Street erfolgreich, bis er wegen Veruntreuung ins Gefängnis kam. Nun ist er von dem Gedanken getrieben, mit New York City abzurechnen.

Der Regisseur TONY SCOTT drehte vier Wochen lang im U-Bahn-System von New York City – der längste und ausführlichste Dreh, der je dort stattfand. Die Produktion hatte Zugang zu Bereichen der NYC Transit, die einer Film-Crew bislang immer verwehrt waren – auch den Filmemachern des Originals.

Die Beamten von NYC Transit achteten akribisch auf die Sicherheitsmaßnahmen. Dennoch wurden Schauspieler, ebenso wie Teammitglieder, wie jeder andere jedes Mal gewarnt, bevor sie das Tunnelsystem betraten, dass Züge auf jedem Gleis, aus jeder Richtung und in jedem Moment herangefahren kommen könnten … und dass jeder sich dessen bewusst sein müsse, dass die elektrischen Leiter ständig in Betrieb sind.

Vom ersten Moment, an dem die Filmemacher über eine neue Adaption von "DIE ENTFÜHRUNG DER U-BAHN PELHAM 123" nachdachten, sprachen sie nur über einen einzigen Namen für die Hauptrolle: DENZEL WASHINGTON.

Es schadete freilich auch nicht, dass Washington eine langjährige Arbeitsbeziehung mit Tony Scott hat und bereits in drei seiner Filme Hauptrollen gespielt hatte.

Washington hat auch mit dem Drehbuchautor und einem der Produzenten bereits hervorragende Arbeitserfahrungen gemacht: Helgeland ist der Autor von Man on Fire und Black hatte seine beiden Regiearbeiten Antwone Fisher (Antwone Fisher, 2002) und The Great Debaters (2007) produziert. Washington war begierig darauf, wieder mit Black zusammenzuarbeiten.

Bei den Vorbereitungen für seine Rolle sprach Washington mit U-Bahn-Arbeitern, darunter Veteranen, die nach 60 Jahren gerade in Rente gegangen waren. Er freundete sich außerdem mit Joseph Jackson an, einem Fahrdienstleiter im Rail Control Center.

So wie Washingtons Figur begann Jackson seine Laufbahn als Zugführer bei der U-Bahn. Er war täglich für die Sicherheit von fünf Millionen Fahrgästen verantwortlich, die in einem unterirdischen System unterwegs waren, das so groß ist wie die Stadt selbst. Von ihm lernte Washington: Die wichtigste Eigenschaft eines Fahrdienstleiters ist es, in einem Notfall die Ruhe zu bewahren.

Es war ungewöhnlich für die Hauptdarsteller, dass in “DIE ENTFÜHRUNG DER U-BAHN PELHAM 123“ die beiden Hauptfiguren Garber und Ryder die meiste Zeit des Films räumlich sehr weit getrennt sind. Garber ist im Kontrollzentrum über der Erde und Ryder manipuliert ihn aus der U-Bahn im Untergrund.

Nachdem die Besetzung von Garber feststand, war die Liste von Schauspielern, die der dynamischen Leinwandpräsenz von Denzel Washington standhalten können, sehr kurz. Die Rolle von Ryder verlangte nach einem Schauspieler, der die Figur überlebensgroß verkörpern kann. Auf JOHN TRAVOLTA traf dies zu.

Innerhalb eines unbestimmten Gebäudes an einem geheimen Ort in Manhattans Zentrum liegt das brandneue, hypermoderne Rail Control Center der NYC Transit, in dem das komplette U-Bahn-System mit seinem endlosen Verkehrsfluss voller Menschen gesteuert wird. In "DIE ENTFÜHRUNG DER U-BAHN PELHAM 123" sitzt Garber an seinem Schreibtisch und schlägt seine Schlacht auf Leben und Tod mit einem Jekyll-und-Hyde-artigen Entführer.

Obwohl große Teile des Films auf dem Gelände gedreht wurden, blieb der eigentliche Schauplatz, der den Ton des Films bestimmt, vor den Kameras verborgen.

Anderson führte die Filmemacher stattdessen zu dem kürzlich aufgegebenen ehemaligen Rail Control Center in Brooklyn, das durch die Romanverfilmung von 1974 berühmt geworden war. Obwohl das Zentrum außer Betrieb ist, ist es immer noch funktionstüchtig und dient als Backup des neuen Centers.

Die Crew errichtete das Fantasie-Rail-Control-Center in einer Halle der Kaufman Astoria Studios in Queens. Zur Einrichtung zählten u.a. 45 Meter lange Videowände mit interaktiver Playbackfunktion. In der Zwischenzeit wurde die Lage unten in den Tunneln eng. Jeder, der schon mal zur Hauptverkehrszeit in einer U-Bahn gefahren ist, weiß, dass Platz Mangelware ist.

Ganz abgesehen von den vier, manchmal fünf Kameras, mit denen Tony Scott stets dreht. Die Lösung war die Konstruktion eines besseren U-Bahn-Waggons. In der Halle der Kaufman Astoria Studios baute die Crew einen Waggon von Grund auf neu und benutzte dafür Teile eines echten Zugs. NYC Transit half ihnen dabei gern – immerhin ist es nicht gerade einfach, einen Weg zu finden, auf dem man 400 Tonnen Stahl recyceln kann. (Und dennoch gibt es inzwischen einen Weg: Ausgemusterte U-Bahn-Waggons werden im Meer versenkt, um Barrieren und künstliche Riffe zu schaffen.)

Der neue U-Bahn-Waggon wurde entworfen, um den Anforderungen der Kameras gerecht zu werden, die der Regisseur einsetzen wollte. Der Waggon wurde auf einem hydraulischen System auf Gleise gestellt, konnte sich rund 12 Meter bewegen und dann auf den Punkt genau stoppen.

Der Geldtransport stellte sich als besondere Herausforderung bei der Planung und Durchführung heraus. Um “DIE ENTFÜHRUNG DER U-BAHN PELHAM 123“ gerade in dieser Sequenz vom ersten Film abzuheben, zielte Scott auf eine visuell stärker aufregende Atmosphäre ab.

Er filmte den Transport des Geldes unter einem Zug-Viadukt fast als eine Hommage an einen anderen klassischen New-York-Thriller aus den siebziger Jahren: The French Connection (Brennpunkt Brooklyn, 1971). „Unter dem Viadukt herrscht eine ganz besondere Lichtstimmung“ sagt Produktionsdesigner Chris Seagers. „Obwohl es dunkel ist, scheint Licht zwischen den Gebäuden hindurch. Und das sieht großartig aus, wenn man hier mit hoher Geschwindigkeit entlangfährt. Genau das wollte Tony einfangen.“

Für die Uneingeweihten ist die U-Bahn von New York City wie eine Schwimmeinheit im Meer Anfang Januar: fremdartig, erschreckend, berauschend. Ungefähr fünf Millionen Menschen fahren täglich durch diese Tunnel und sie lernen, die Mysterien eines modernen Transportsystems zu beherrschen, das über ein Jahrhundert alt ist

beinahe wie bei einem Initiationsritus im urbanen Volksstamm von New York City. Die Fahrgäste denken nicht darüber nach, was außerhalb der Züge im Dunkeln lauern könnte: die gelegentlichen Müll-Feuer, Ratten, die erbarmungslosen elektrischen Leiter.

"DIE ENTFÜHRUNG DER U-BAHN PELHAM 123“ stellte die Beteiligten, die einen Film drehen wollten, dessen Plot sich genau hier im Untergrund entfaltet, täglich vor diese und andere Herausforderungen. Andererseits haben Filme eine lange Geschichte bei der Entdeckung und Erforschung von Tunneln gespielt – beginnend im Jahr 1904, als die U-Bahn eröffnet wurde und Thomas Edison eine Kamera an einem Zug anbrachte, um dessen Fahrt entlang der ersten U-Bahn-Strecke der Stadt aufzunehmen.

Für den Thriller gewährte NYC Transit den Filmemachern einen bisher beispiellosen Zugang: Das Team erforschte beinahe das komplette System: Tunnel, Stationen, Grand Central und das neue Rail Control Center.

Jede Produktion, die solche Dreharbeiten plant, muss zuerst ein achtstündiges Sicherheitstraining absolvieren – den gleichen Kurs, der von den NYC-Transit-Angestellten gefordert wird, die sich in den Tunneln bewegen. Für „DIE ENTFÜHRUNG DER U-BAHN PELHAM 123“ bedeutete dies, dass sich diesem Training die komplette Crew und die gesamte Besetzung unterziehen mussten. Das waren rund 400 Personen.

In einer alten, verlassenen Schule, in der den Gleismarkierungen ähnelnde rote und grüne Kreise die Aus- und Eingänge markierten, lernten die Schauspieler und die Crew unter der Anleitung von Bob Willis und dem NYC Transit Learning Center, wie man die Gleise entlang navigiert, Gefahren erkennt und vor allem die elektrische Kontaktschiene meidet, die im Fachjargon als „third rail“ bezeichnet wird.

Nach dem Kurs stiegen die Schüler in einen Zug zu einer R-Station. In Arbeitsstiefeln und Sicherheitswesten, die Taschenlampe in der Hand, stiegen sie einer nach dem anderen hinab in die U-Bahn. Filmstars und Produktionsassistenten gleichermaßen stolperten über Abfall, hinterlassene Injektionsspritzen oder was auch immer die Tunnel noch bereithielten.

Trotz der interessanten Besetzung kommt der Thriller „DIE ENTFÜHRUNG DER U-BAHN PELHAM 123“ nicht an das Original „STOPPT DIE TODESFAHRT DER U-BAHN 123“ aus dem Jahr 1974 heran. Denn das intensive Spiel der beiden Schauspieler WALTHER MATTHAU und ROBERT SHAW ist  nicht zu toppen.

Jedoch bietet die Neuverfilmung mit DENZEL WASHINGTON und  JOHN TRAVOLTA in den Hauptrollen gute Unterhaltung, so dass bis zum Ende des Thrillers keine Langeweile aufkommt.

© by Ingo Löchel

Die Entführung der U-Bahn Pelham 123
(Originaltitel: The Taking of Pelham 123)
USA/England 2009

Stab

  • Regie: Tony Scott
  • Drehbuch: Brian Helgeland
  • Kamera:Tobias Schliessler
  • Schnitt: Chris Lebenzon
  • Musik: Harry Gregson-Williams

Darsteller

  • Denzel Washington als Walter Garber
  • John Travolta als „Bernard Ryder“/Dennis Ford
  • James Gandolfini als Bürgermeister von New York City
  • John Turturro als Camonetti
  • Luis Guzmán als Phil Ramos
  • Ramón Rodríguez als Delgado
  • Victor Gojcaj als Bashkim
  • Robert Vataj als Emri/„Mr. Brown“
  • Gbenga Akinnagbe als Wallace
  • Michael Rispoli als John Johnson
  • Frank Wood als Kommissar Sterman
  • Aunjanue Ellis als Therese Garber
  • Brian Haley als Captain Hill

FSK: Ab 16 Jahren
Laufzeit: 106 Minuten

Deutscher Kinostart: Am 24. September 2009

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