Evelyn Hamann wurde am 6. August 1942 als Tochter des Musikers Bernhard Hamann, Konzertmeister des NDR-Sinfonieorchesters und Gründer des berühmten "Hamann-Quartetts", in Hamburg geboren.
1968 erhielt sie ihr erstes Engagement am Deutschen Theater Göttingen, wo sie unter anderem in Brechts "Mann ist Mann" spielte.
Danach stand sie in Heidelberg auf der Bühne. Im selben Jahr gab sie in dem TV-Film „VIER STUNDEN VOR ELBE 1“ ihr Fernsehdebüt.
Prägend für ihre weitere Karriere, war 1976 ihre Begegnung mit Vicco von Bülow alias Loriot. Die junge Schauspielerin entsprach allerdings erst einmal gar nicht Loriots Vorstellungen, denn er suchte eine Partnerin vom Typ "blonde, pummelige Hausfrau". Hamann, die schlaksige Brünette, verkörperte dagegen genau das Gegenteil.
Loriot ließ sich aber durch ihr komisches Potenzial schnell überzeugen. Von 1976 bis 1979 flimmerten mit der ARD-Serie "Loriot I-VI" ein Klassiker der Fernsehunterhaltung über die Mattscheibe. An der Seite von Loriot schlüpfte Hamann in zahllosen Sketchen in die verschiedensten Rollen und wurde über Nacht für ein Millionenpublikum zum Inbegriff von Komik.
Unvergessen sind Szenen wie der "Nudelsketch", die kleinbürgerliche Frau Hoppenstedt in der "Jodelschule", die mit dem Jodeldiplom was "Eigenes" haben will, oder das "Fräulein Dinkel", das krampfhaft versucht, seinem Chef näher zu kommen, aber immer mit jenem komischen Ernst im Gesicht, der ihr Markenzeichen wurde.
Danach war sie in TV-Serien wie „KRIMISTUNDE“ (1983), „NESTHÄKCHEN“ (1983), „HELGA UND DIE NORDLICHTER“ (1984), „RONCALLI“ (1986) oder als Thea in vier Folgen von „DER LANDARZT“ (1987-1989) zu sehen.
Von 1986 bis 1989 spielte sie zudem in 41 Folgen der Serie „DIE SCHWARZWALDKLINIK“ die Haushälterin Carsta Michaelis.
1988 stand sie in Vicco von Bülows erster Kino-Komödie "ÖDIPUSSI" dem Meister des hintersinnigen Humors zur Seite. 1991 folgte mit „PAPPA ANTE PORTAS“ Loriots zweiter Filmstreich.
Ab 1993 erlangte Hamann ungeheure Popularität mit ihrer Serie "GESCHICHTEN AUS DEM LEBEN“, worin sie die verschiedensten Frauenfiguren verkörperte, zumeist jedoch Frauen, die mit beiden Beinen im Leben stehen und sich nicht unterkriegen lassen.
„Wie kaum eine andere vermochte sie es, die Gefährdungen durch Alltag und Mitmenschen in den komischsten Farben zu zeichnen. Auch wenn sie dank ihrer Wandlungsfähigkeit ebenso in ernsten Rollen zu überzeugen vermochte, werden uns besonders ihr unvergleichlicher Witz und ihr subtiler Humor fehlen.“ (1)
Ab 1993 brillierte die Schauspielerin als Adelheid in der ARD – Serie „ADELHEID UND IHRE MÖRDER“, die zum Quotenrenner wurde. Die Serie hatte pro Folge zwischen 5 bis 6 Millionen Fernsehzuschauer.
„Sie war eine sehr präzise, disziplinierte Schauspielerin, eine große Künstlerin, eine Seiltänzerin der Kunst der Komik. Ich habe von ihrer schweren Erkrankung gar nichts gewusst. Sie hat die Latte für sich und ihre Mitarbeiter immer sehr hoch gelegt. Meistens ist sie auch elegant drübergesprungen. Und wenn es ihr nicht so ganz gelungen ist, dann ist sie in anständiger Haltung drunter durchgegangen.“ (2)
Neben ihrer Arbeit für Film- und Fernsehen hielt Evelyn Hamann auch Lesungen ab, produzierte CDs und Hörbuchkassetten, so unter anderem "Katzengeschichten" und "Mordsgeschichten" von der berühmten Kriminalautorin Patricia Highsmith, von Anton Tschechow "Die Dame mit dem Hündchen" oder "Rebecca" von Daphne Du Maurier.
Evelyn Hamann verstarb am 29. Oktober 2007 nach kurzer schwerer Krankheit im Kreis ihrer Angehörigen.
"Mit Ihrem unglaublichen Talent, ihrer enormen Wandlungsfähigkeit und ihrem Humor hat sie über Jahrzehnte hinweg alle Generationen bestens unterhalten und deutsche Fernsehgeschichte geschrieben." (3)
Ihr Privatleben schützte Evelyn Hamann vehement vor der Öffentlichkeit und der Presse. Daher weiß man nur sehr wenig darüber.
Sie war kurzzeitig verheiratet, lebte dann alleinstehend im Hamburger Nobelstadtteil Harvestehude. Sie hielt sich Katzen, hörte Wagner, las viel und malte und spielte zudem ausgezeichnet Klavier.
© by Ingo Löchel
- (1) Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU)
- (2) Der Schauspieler Hans-Peter Korff
- (3) Fritz Raff, amtierender ARD-Vorsitzender
Filmographie
- 1. Vier Stunden vor Elbe 1 (1968) (TV)
- 2. Haben Sie nichts zu verzollen? (1977) (TV)
- 3. Der Pfingstausflug (1978)
- 4. Gute Reise (1981) (TV)
- 5. Piratensender Powerplay (1982)
- 6. Wer spinnt denn da, Herr Doktor? (1982)
- 7. Selbst ist die Frau (1983) (TV)
- 8. Grenzenloses Himmelblau (1985) (TV)
- 9. Segeln macht frei (1986) (TV)
- 10. Evelyn und die Männer oder 'Wie Hund und Katz' (1987) (TV)
- 11. Tatort – Tod im Elefantenhaus ( 1987)
- 12. Ödipussi (1988)
- 13. Pappa ante Portas (1991)
- 14. Wut im Bauch (1999) (TV)
- 15. Ehemänner und andere Lügner (2001) (TV)
TV-Serien
- 1. Ida Rogalski (1968)
- 2. Pariser Geschichten (1977)
- 3. St. Pauli Landungsbrücken (1979)
- 4. Was wären wir ohne uns (1979)
- 5. Felix und Oskar (1980)
- 6. Kontakt bitte (1983)
- 7. Krimistunde (1983)
- 8. Abenteuer Bundesrepublik (1983)
- 9. Nesthäkchen" (1983)
- 10. Helga und die Nordlichter" (1984)
- 11. Berliner Weiße mit Schuss (1984)
- 12. Roncalli (1986)
- 13. Ein Heikler Fall (1986)
- 14. Hessische Geschichten (1986)
- 15. Jakob und Adele (1 Folge, 1986)
- 16. Der Landarzt (1987) (TV)
- 17. Der Landarzt (als Thea, 4 Folgen, 1987-1989)
- 18. Die Schwarzwaldklinik (als Carsta Michaelis, 41 Folgen, 1986-1989)
- 19. De Glückliche Reise (1 Folge, 1992)
- 20. Der Alte (2 Folgen, 1989-1992)
- 21. Geschichten aus dem Leben (1993, 46 Folgen)
- 22. Der Millionenerbe (1993)
- 23. Vater braucht eine Frau (1 Folge, 1993)
- 24. Loriot (als Mutter Hoppenstedt, 14 Folgen, 1997)
- 25. Das Traumschiff (3 Folgen, 1981-2004)
- 26. Die Schwarzwaldklinik - Die nächste Generation (2005) (TV)
- 27. Adelheid und ihre Mörder (als Adelheid Möbius, 65 Folgen, 1993-2007)
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