Freitag, 26. Mai 2023

Heute vor 100 Jahren: Schauspieler Horst Tappert wird geboren

Horst Tappert wurde am 26. Mai 1923 als Sohn von Julius und Ewaldine Tappert in Wuppertal geboren.

"Ich bin der geborene Einzelgänger, oder positiver ausgedrückt, ein Individualist. Als Junge habe ich selten mit anderen Kindern gespielt, mich nie einer Clique angeschlossen. Ich war am glücklichsten allein.

Dann kam Peter in meine Klasse. Er war etwas jünger als ich, blitzgescheit und hatte eine Klasse übersprungen. Auch er hielt sich abseits. Wir mochten uns, Einzelgänger erkennen und finden sich schnell." (1)

Nach seinem Volksschulabschluss machte Tappert eine kaufmännische Lehre und wurde anschließend als Soldat in die Armee eingezogen. 

1945 kehrte Horst Tappert aus der Kriegsgefangenschaft zurück und bewarb sich an einem kleinen Theater in Stendal als Buchhalter. Dort schnupperte er zum ersten Mal Theaterluft und entschied sich, seinen Job als Buchhalter an den Nagel zu hängen und Schauspieler zu werden. Kurz darauf gab er als DR. STRIEBEL  in "DIE FLITTERWOCHEN"  sein Bühnendebüt.

"In dieser einen Spielzeit 1945/46 in Stendal lernte ich die Grundlagen meines Berufes." (2)

Von 1946 bis 1947 nahm ihn Paul Rose, der Intendant des Landestheaters Württemberg-Hohenzollern in Tübingen unter seine Fittiche.

"Wuppertal 1947. Meine Eltern waren ausgebombt worden, doch sie hatten die erste Zeit nach dem Krieg einigermaßen erträglich überstanden. Nicht zuletzt, weil mein Vater seine geliebte und von meiner Mutter so lieblos behandelte Briefmarkensammlung nach und nach verkaufte.

Es hielt mich nicht lange bei ihnen, ich legte nur eine Pause ein auf dem Weg zur nächsten Bühne: zum Landestheater Württemberg-Hohenzollern in Tübingen. Dort wartete als Intendant schon mein Mentor und Freund Paul Rose. Er hatte ein großartiges Ensemble um sich versammelt. Ich konnte mit Kollegen arbeiten, die zu den Besten des deutschen Theaters gehörten.

Paul Rose hielt seine schützende Hand über mich. Er verbannte mich nicht in den Schatten der großen Namen - ich war ja den Berufsjahren nach fast noch ein Anfänger -, er schob mich oft in den Vordergrund. Ich war Komiker, Schurke, unglücklicher Liebhaber, Intrigant, Luftikus." (3)

Seine weiteren Theater-Engagements führten Horst Tappert von Göttingen über Kassel und Bonn bis an die Kammerspiele nach München (1956 bis 1967).

"Ich habe wie ein Anfänger angefangen. Ich war 18 Stunden am Tag im Theater - für DM 120 brutto im Monat. Ich habe furchtbar viel gearbeitet. Aber ich habe auch viel gelernt, denn ich hatte Glück. Ich hatte gute Lehrmeister.

Die absolute Spitze, ich hatte einen Intendanten aus Berlin, der auch ausgebombt war und ein Provinztheater übernahm und der sagte: 'Der Tappert wird jetzt alles bei mir lernen: tanzen, singen, der muss Posse spielen, der muss Tragödie spielen, Komödie spielen, der muss spielen von Arnold bis Bach bis zu Goethe, der muss alles spielen. Und das hat er wahr gemacht. Ich hab das Gefühl, dass ich in der einen Spielzeit mehr gespielt habe, als in fünf Jahren woanders." (4)

1956 gab er in dem Fernsehfilm "DIE TOCHTER DES BRUNNENMACHERS" sein TV-Debüt. Ein Jahr später heiratete er mit Ursula Pistor seine dritte Frau, mit der er bis zu seinem Tode zusammenlebte.

"Ich hatte ein Engagement an den Münchner Kammerspielen, das war 1956 und dann kam schon das erste Fernseh-Angebot. Damals war ich noch sehr unverkrampft, um mich vornehm auszudrücken.

Als wir zum xten Mal eine Szene wiederholten, in der ich einen Barkeeper spielte, habe ich bei einer Wiederholung die Rolle ganz anders gespielt. Da hat der Regisseur natürlich gesagt: 'Was ist denn mit Ihnen los, Sie spielen ja die Rolle auf einmal ganz anders?' und da habe ich gesagt: 'Ich dachte, Sie langweilen sich!' Dann kam ein Fernsehen nach dem anderen." (5) 

1958 gab Tappert in "DIE TRAPP-FAMILIE IN AMERIKA" sein offizielles Kinodebüt. Danach war Horst Tappert in kleineren und größeren Rollen vorwiegend im Fernsehen zu sehen, so unter anderem in "ZU VIELE KÖCHE" (1961) und "DAS HALSTUCH" (1963), bis ihm 1966 mit der Rolle des Posträubers Michael Donegan in "DIE GENTLEMEN BITTEN ZUR KASSE" der Durchbruch als Schauspieler gelang.

"Die Trainrobber-Story erwies sich als Erfolg, der alle Erwartungen übertraf. In seltener Einhelligkeit lobten Kritiker und Publikum die spannende Story und die glaubhaften Darsteller.

Ich war über Nacht in ganz Deutschland berühmt - als Major. Da spielt man sich 25 Jahre lang durch die Weltliteratur, ohne mehr als eine Schlagzeile auf der Feuilletonseite zu erhalten. Und dann ist man ein Posträuber, und plötzlich kennt einen jeder."  (6)

Nach seinem Erfolg als Posträuber in "DIE GENTLEMEN BITTEN ZUR KASSE" (1966)“ erhielt Horst Tappert die Rolle des Gangsterbosses in dem "JERRY COTTON"-Film "DIE RECHNUNG EISKALT SERVIERT" (1966). Danach folgte mit "DER HUND VON BLACKWOOD CASTLE" (1968) Tapperts erster Edgar Wallace-Krimi.

1968 erhielt Horst Tappert die Rolle des Inspektor Perkins in den beiden Edgar Wallace-Filmen "DER GORILLA VON SOHO" (1968) und in "DER MANN MIT DEM GLASAUGE" (1969).

Danach folgten unter anderem Filmrollen in "SIEBEN TAGE FRIST" (1969), "PERRAK" (1970) und "DER TODESRÄCHER VON SOHO" (1972).

Seine letzte Kinorolle mimte Tappert 1974 in "AUCH ICH WAR NUR EIN MITTELMÄSSIGER SCHÜLER". Davor war im Fernsehen in einer Vielzahl von Fernsehfilmen zu sehen gewesen.

1973 erhielt Tappert dann die Rolle, mit der er auf der ganzen Welt berühmt werden sollte: DERRICK.

Es war der 30. Juli 1973, vormittags, als Horst Tappert erstmals als KOMMISSAR STEPHAN DERRICK vor die Kamera trat. Am 20. Oktober 1974 wurde dann mit "DER WALDWEG", die erste Folge der Serie im ZDF gesendet.

"Wir haben ja sozusagen als Test die ersten beiden Folgen im Sommer 1973 gedreht, die 1974 mit ganz gutem Erfolg ausgestrahlt wurden. Das Publikum war etwas unzufrieden, weil es nicht mitraten konnte.

Herbert Reinecker hatte die ersten Folgen ja so geschrieben, dass der Täter am Anfang enthüllt wurde und die Ermittlungsarbeiten im Mittelpunkt standen. Derrick hinkte immer hinterher, der Zuschauer war immer schlauer als er." (7)

Zwischen 1974 und 1997 spielte Horst Tappert 281 Mal den Oberinspektor Derrick, der mit seinem Assistenten Harry, Fritz Wepper, seine Fälle auf seine ganz eigene Art löste. Die Krimi-Serie wurde schnell zu einem "Renner" und war bald auch auf der ganzen Welt bekannt.

"Als ich mit Derrick begann, war ich 50 Jahre alt. Ich habe gesagt: Das ist das letzte, was ich machen werde. Und ich werde es so lange machen, wie ich es durchhalte. Das waren nun mal 24 Jahre." (8)

1979 und 1990 wurde ihm der BAMBI verliehen. 1981 wurde ihm die GOLDENE KAMERA verliehen. Im Dezember 1997 drehte Horst Tappert die letzte DERRICK-Folge.

"Er ist älter geworden. Dem habe ich nichts entgegen zu setzen. Das passiert nun mal im Leben, wenn man lange genug gesund und arbeitsfähig bleibt. Aber weil wir zwölf Folgen im Jahr drehten, blieb die Figur ja auch immer ganz nah bei mir. Mit meinem eigenen Älterwerden hat sich auch die Rolle verändert.

Es war ja ein Novum für einen Fernsehpolizisten, dass er gar nicht so erfolgsversessen war und sich viele Gedanken gemacht hat. Und er hat auch manchmal Mitleid gehabt. Sehr oft, er war dann auch sehr nachdenklich. Das ist auch ein Teil des Erfolgsrezepts." (9)

Horst Tappert als Stephan Derrick und Fritz Wepper als Harry Klein in der letzte Derrick-EpisodeAls am 16. Oktober 1998 mit "DAS ABSCHIEDSGESCHENK" die letzte Derrick-Folge ausgestrahlt wurde, ging mit der Serie auch eine Fernseh-Epoche zu Ende.

"Einmal muss genug sein! Es ist so, ich habe mich dieser Serie verschrieben, ich habe nichts Anderes getan als das und ich habe das Gefühl, ich müsste mehr Raum und Luft um mich herum haben, frei sein für Entschlüsse, Drehbücher lesen, ja dazu sagen oder auch nein dazu sagen.

Das ist einfach ein Gefühl, dass ich früher hatte vor Derrick! Jetzt innerhalb dieser Serie ist es nicht ökonomisch und auch falsch, so etwas zu tun." (10)

1998 erschien mit "DERRICK UND ICH" Horst Tapperts Autobiographie. Im selben Jahr erhielt der Schauspieler den BAMBI für sein Lebenswerk.

1999 kehrte der Schauspieler für die deutsch-italienische Fernsehproduktion „"DER KARDINAL – DER PREIS DER LIEBE"“ noch einmal auf den Fernsehbildschirm zurück. Darin spielte er einen Kardinal, der von seiner eigenen Vergangenheit eingeholt wird.

"Von einem Image-Wechsel kann dabei wohl kaum die Rede sein. Obwohl der Ex-TV-Kommissar den Trenchcoat mit der Soutane tauscht, ist sein Spiel so temperamentvoll“wie eh und je." (11)

2003 war Horst Tappert in dem Fernsehfilm "HERZ OHNE KRONE" in  seiner letzten Rolle zu sehen.Horst TappertHorst Tappert verstarb nach längerer Krankheit am 13. Dezember 2008 in einer Münchner Klinik.

"Und dennoch werde ich den jungen Schauspielern bei jeder Gelegenheit raten: Geht zum Theater, lernt es von der Pike auf.

Mit all den Enttäuschungen, die euch erwarten: selbstherrliche Regisseure, falsche Rollen, wenig Geld. Laßt euch nicht in frühen Jahren von billigen Fernsehserien schlucken und nie vom sogenannten Zeitgeist.

Bleibt unabhängig und wahrhaftig. Vergeßt eure Vorgänger nicht. Gute Tradition ist keine Last, sondern eine Quelle des Wissens und der Inspiration, ohne die ein Schauspieler, wie genial er auch auftreten mag, immer nur ein Schau-Spieler bleibt.

Ich wünsche ihn mir als Menschen, der uns in jeder Rolle glaubwürdig und faszinierend zeigt, wieviel Leid, wieviel Glück es bedeutet, ein Mensch zu sein." (12)

 © by Ingo Löchel

  • (1) Horst Tappert
  • (2) Horst Tappert
  • (3) Horst Tappert
  • (4) Horst Tappert
  • (5) Horst Tappert
  • (6) Horst Tappert
  • (7) Horst Tappert
  • (8) Horst Tappert 
  • (9) Horst Tappert 
  • (10) Horst Tappert 
  • (11) Cinema Online
  • (12) Horst Tappert


Filmographie

  • 1. Frauenarzt Dr. Sibelius (1950)
  • 2. Die Tochter des Brunnenmachers (1956) (TV)
  • 3. Soledad (1957) (TV)
  • 4. Die Alkestiade (1958) (TV)
  • 5. Schwester Bonaventura (1958) (TV)
  • 6. Der öffentliche Ankläger (1958) (TV)
  • 7. Abwerbung (1958) (TV)
  • 8. Die Trapp-Familie in Amerika (1958)
  • 9. Helden (1958)
  • 10. Wir Wunderkinder (1958)
  • 11. Der Engel, der seine Harfe versetzte (1959)
  • 12. Jacqueline(1959)
  • 13. Das schöne Abenteuer (1959)
  • 14. Ruf ohne Echo (1959) (TV)
  • 15. So ist es - ist es so? (1959) (TV)
  • 16. Spanische Legende (1959) (TV)
  • 17. So ist es - ist es so? (1959) (TV)
  • 18. Einladung im Schloss (1961) (TV)
  • 19. Ein schöner Tag (1961) (TV)
  • 20. Küss mich Kätchen (1961)
  • 21. Übergewicht (1961) (TV)
  • 22. Amphitryon (1961) (TV)
  • 23. Der Abstecher (1962) (TV)
  • 24. Die Rache (1962) (TV)
  • 25. Er kann's nicht lassen (1962)
  • 26. Schneewittchen und die sieben Gaukler (1962)
  • 27. Heiraten ist immer ein Risiko (1963) (TV)
  • 28. Dr. Joanna Marlowe (1963) (TV)
  • 29. Das tödliche Patent (1963) (TV)
  • 30. Zwei Whiskey und ein Sofa / 1963
  • 31. Leonce und Lena (1963) (TV)
  • 32. Der Mann mit dem Zylinder (1964) (TV)
  • 33. Elektra (1964) (TV)
  • 34. Der Aussichtsturm (1964) (TV)
  • 35. Der trojanische Krieg findet nicht statt (1964) (TV)
  • 36. Sechs Personen suchen einen Autor (1964) (TV)
  • 37. Die Reise (1965) (TV)
  • 38. Judith (1965) (TV)
  • 39. Tatort (1965) (TV)
  • 40. Der Spielverderber - Das kurze, verstörte Leben des Kaspar Hauser (1965) (TV)
  • 41. Eine reine Haut (1965)
  • 42. Die Gentleman bitten zur Kasse (als Michael Donegan, 1966) Mini-Serie
  • 43. Ein Tag in Paris (1966) (TV)
  • 44. Der Kinderdieb (1966) (TV)
  • 45. Das ganz große Ding (1966) (TV)
  • 46. Der Mann aus Melborune (1966) (TV)
  • 47. Die Rechnung - eiskalt serviert / 1966
  • 48. Carré de dames pour un as (1966)
  • 49. Liebe für Liebe (1967) (TV)
  • 50. Der Panamaskandal (1967) (TV)
  • 51. Die Kollektion (1967) (TV)
  • 52. Ist er gut? Ist er böse (1967) (TV)
  • 53. Heinrich IV. (1967) (TV)
  • 54. Weißer Sand auf Sylt (1968)
  • 55. Der Hund von Blackwood Castle (1968)
  • 56. Hinter den Wänden (1968) (TV)
  • 57. Der Gorilla von Soho (1968)
  • 58. Der Mann mit dem Glasauge (1969)
  • 59. Sieben Tage Frist (1969)
  • 60. Das schönste Fest der Welt (1969) (TV)
  • 61. Seltsames Zwischenspiel (1969) (TV)
  • 62. Transplantation (1969) (TV)
  • 63. Perrka/Inspektor Perrak greift ein (1970)
  • 64. August der Starke - Ein ganzes Volk nennt ihn Papa (1970) (TV)
  • 65. Industrielandschaft mit Einzelnhändlern  (1970) (TV)
  • 66. Der Teufel kam aus Akasava (1971)
  • 67. Und Jimmy ging zum Regenbogen (1971)
  • 68. Yester - der Name stimmt doch? (1971) (TV)
  • 69. Rosy und der Herr aus Bonn (1971)
  • 70. Männer aus zweiter Hand (1971)
  • 71. Der Kapitän (1971)
  • 72. Sie tötete in Ekstase (1971)
  • 73. Blüten der Gesellschaft (1972) (TV)
  • 74. Der Todesrächer von Soho (1972)
  • 75. Gabriel (1973) (TV)
  • 76. Wenn Annemarie ins Wasser geht - Die seltsamen Erlebnisse, Erinnerungen und Phantasien des Herrn T. (1973) (TV)
  • 77. Fall nicht in den Schwanensee (1973) (TV)
  • 78. Plus minus null (1974) (TV)
  • 79. Auch ich war nur ein mittelmäßiger Schüler (1974)
  • 80. Unsere kleine Welt (1978) (TV)
  • 81. Der Kardinal - Preis der Liebe (2000)
  • 82. Herz ohne Krone (2003) (TV)

TV-Serien

  • 1. Zu  viele Köche (als Hoteldektiv Odell, 1961) Mini-Serie
  • 2. Das Halstuch (als Vikar Nigel Matthews, 1962) Mini-Serie
  • 3. Das Kriminalmuseum / 1968 (1 Folge)
  • 4. Interview mit der Geschichte (1 Folge, 1969)
  • 5. Hooper letzte Jagd (als Michael Richardson 1971) Mini-Serie
  • 6. Eine Frau bleibt eine Frau (1 Folge, 1972)
  • 7. Der Kommissar (1970/1973 (2 Folgen)
  • 8. Eine Frau bleibt eine Frau / 1973
  • 9. Derrick (als Derrick, 281 Folgen, 1974-1997)

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