"Ich hatte gelesen, dass die in Hamburg Auszubildende für den Rundfunk suchten. Und da habe ich mir gesagt: Oh, das liegt mir irgendwie im Blut und deswegen bin ich nach Hamburg gegangen." (1)
Howland bekam den Job und wurde nach einiger Zeit Chefsprecher und Chef der Musikabteilung beim BFN.
„Die Musikhalle in Hamburg war unser Funkhaus und meine Universität. Wir haben Funk studiert von A bis Z.“ (2)
1952 stellte er sich aufgrund einer Wette beim NWDR (dem Vorläufer des WDR und NDR) vor.
"Das war eine Wette. Als ich gerade mit jemandem im Auto dort vorbei gefahren bin, sagte er: "Ich wette, dass du da nicht hingehst". Da habe ich gesagt: "Okay, dann wette ich auch". Und dann habe ich geparkt, bin ausgestiegen, reingegangen und habe gesagt: "Auf mich haben Sie gewartet!"
Wir wussten, dass Millionen von Zuhörern uns hörten, denn wir haben amerikanische und englische Musik gespielt. Und ich sagte: "Geben Sie mir eine Stunde in der Woche, und ich bringe diese Millionen zurück". Und zu meiner absoluten Überraschung haben die "Ja" gesagt!" (3)
Obwohl er kein Wort Deutsch konnte, sondern nur Englisch sprach, bekam Chris Howland den Job und moderierte als "Schallplatten-Jockey" (da die Bezeichnung Disc-Jockey den Verantwortlichen nicht geläufig war) einige Wochen später mit „RHYTHMUS DER WELT“ seine erste deutsche Radioshow.
Für die Radioshow des NWDR schrieb er die Texte in Englisch, die in die deutsche Sprache übersetzt wurden
"Ja, ich habe auf Englisch meinen Text geschrieben, und dann hat eine deutsche Sekretärin das übersetzt. Und das habe ich dann vorgelesen - ich habe stundenlang geprobt." (4)
Am 26. März 1953 wurde mit „CHRIS HOWLAND“ auch seine erste deutsche Fernsehsendung in der ARD ausgestrahlt. Ein Jahr später gab Howland in „BALL DER NATONEN“ sein Kino-Debüt.
1955 rief ihn der WDR nach Köln, wo er die Radio-Sendung „SPIELEREIEN MIT SCHALLPLATTEN“ moderierte
Während dieser Zeit beim WDR wurde auch Howlands Spitzname HEINRICH PUMPERNICKEL bzw. MISTER PUMPERNICKEL geboren.
„Beim WDR wollte ich den Tontechniker, der mir Sendung für Sendung hinter der Glasscheibe des Studios gegenübersaß, ein Mal zum Lachen bringen. Eines Tages versuchte ich ihn damit aus der Reserve zu locken, dass ich mich am Ende meiner Sendung spontan mit dem Namen „Heinrich Pumpernickel“ von den Hörern verabschiedete.
Der Tontechniker hat aber auch da nicht gelacht, dafür hat der WDR aber in den Tagen danach tausende Briefe adressiert an Heinrich Pumpernickel erhalten. Ich dachte mir, den musst du adoptieren, der ist ja bekannter als ich.“ (5)
1959 ging Howland für zwei Jahre zurück nach England, auch mit dem Ziel dadurch nach Hollywood zu kommen. Doch der Traum verwirklichte sich nicht.
"Mein Ziel war damals aber Hollywood. Ich wollte Filmschauspieler werden. Ich bin zwei Jahre nach England gegangen – 1959/60. In diesen zwei Jahren habe ich 400 Fernsehtalkshows gemacht. Ich habe aber an den Wochenenden in Deutschland gearbeitet, habe Filme gemacht, Funk et cetera. Dass ich wieder nach Deutschland zurück bin – und geblieben bin –, hatte auch private Gründe. Meine erste Ehe stimmte nicht hundertprozentig." (6)
Anfang der 1960er Jahre kehrte Chris Howland wieder nach Deutschland zurück, wo er die halbstündige Fernsehshow „VORSICHT KAMERA“ ab dem 18. Juli 1961 in der ARD präsentierte, die auf dem englischsprachigen Original „CANDID CAMERA“ basiert.
In „VORSICHT KAMERA“ zeigt Moderator Chris Howland amüsante Filme mit Lockvogel Helli Pagel. Die Streiche waren eher harmlos. Meist ging es darum, dass ein technisches Problem künstlich herbeigeführt wurde, wobei das Entscheidende die Reaktionen der Opfer und deren wachsende Ungeduld oder Verzweiflung waren.
Dennoch kritisierte drei Jahre nach Sendestart der Vorsitzende des WDR-Rundfunkrats und Vizekanzler Erich Mende von der FDP, die versteckte Kamera verletze die Intimsphäre der Leute. So wurde „VORSICHT KAMERA“ schließlich nach nur 30 Sendungen im Jahr 1966 eingestellt.
"Sie wurde nicht abgesetzt, weil sie zu frech war. Erich Mende war damals Vizekanzler. Entweder er oder seine Frau war beim Rundfunkrat in Köln. Sie hatten Angst, dass ich die Intimsphäre von Leuten verletzen könnte – könnte! Sie haben die Sendung abgesetzt.
Jahre später hat Herr Mende sich persönlich in einer Rundfunk-Live-Sendung bei mir entschuldigt. Er sagte: Ich sei nur meiner Zeit voraus gewesen. Es war nett, dass er es getan hat. „Vorsicht Kamera“ hat das aber nicht geholfen.
Heute besteht wesentlich größere Gefahr, dass das Fernsehen die Intimsphäre verletzt als damals bei „Vorsicht Kamera!“
Heute wird mehr gesendet als das, was man damals nur befürchtete. Ich fand es natürlich nicht gut, dass die Sendung abgesetzt wurde, aber bitte." (7)
Ab 1961 moderierte Howland aber mit „MUSIK AUS STUDIO B“ eine weitere Show, die es vom Radio ins Fernsehen geschafft hatte, die ab dem 22. Oktober 1961 in der ARD ausgestrahlt wurde.
In dieser 45minütigen Musikshow stellte Howland neue Schlager vor, die sich vor allem an ein junges Publikum richteten.
1969 verabschiedete sich Howland aber aufgrund eines Streites mit dem damaligen NDR-Unterhaltungschef von seiner Sendung. Alle Bänder von „MUSIK AUS STUDIO B“ mit Chris Howland (mit Ausnahme der 50. Sendung) wurden daraufhin gelöscht.
Neben seinen erfolgreichen Fernsehshows, konnte Howland ab Anfang der 1960er Jahren auch in seiner Karriere als Schauspieler durchstarten. Seinen Höhepunkt erreichte er unter anderem mit seinen Rollen in den KARL MAY-Filmen „WINNETOU 1“ (1963), „DER SCHUT“ (1964), „DURCHS WILDE KURDISTAN“ (1965) und „IM REICH DES SILBERNEN LÖWEN“ (1965) sowie in den Kriminalfilmen wie „DAS GEHEIMNIS DES SCHWARZEN KOFFERS“ (1962) und „DER HENKER VON LONDON“ (1963).
1970 verließ Chris Howland erneut Deutschland und ging nach Mallorca, wo er ein Hotel eröffnete. Doch mit seinem Leben als Hotelier hatte Howland kein Erfolg und so kehrte er Mitte der 1970er Jahre erneut nach Deutschland zurück.
Beim NDR moderierte er daraufhin die Radio-Sendung „GESTATTEN, NEUE PLATTEN“ und beim WDR eine Neuauflage von „MUSIK AUS STUDIO B“. 1977 kam die Moderation der Musik-Sendung „POP“ hinzu.
Danach folgte von 1983 bis 1987 die Fernsehsendung „SOUVENIRS, SOUVENIRS“ sowie 1990 „EXTREM“. Doch an seine früheren Erfolge konnte Howland damit nicht mehr anknüpfen.
1991 übernahm Chris Howland die Moderation der Neuauflage von „VORSICHT KAMERA“ in SAT1. Howland wollte darin die Streiche gern so harmlos wie früher halten.
Doch damit kam er in Konflikt mit den Machern des Privatsenders, die aufgrund der Konkurrenz zu „VERSTEHEN SIE SPASS?“ härtere und dreistere Streiche haben wollten. Aus diesem Grund stieg Chris Howland 1992 aus der Show aus und wurde ab 1994 von Philipp Gassmann ersetzt.
Von 1994 bis 1995 präsentierte Howland mit „STERNSCHNUPPEN“ seine letzte Sendung im Fernsehen. Darin konfrontierte er einen prominenten Stargast mit drei Horoskopen, die Astrologen ohne Kenntnis der Person erstellt hatten.
Nach „STERNSCHNUPPEN“ wurde es etwas ruhiger um Howland. 1997 erschien mit „HAPPY DAYS?“ Howlands erste Autobiographie.
2004 feierte Chris Howland mit der 55minütigen Sendung „SPIELEREIEN MIT SCHALLPLATTEN“ ein Comeback im Radiosender WDR 4.
"2004 haben wir Chris’ alte NWDR-Sendung „Spielereien mit Schallplatten“ bei WDR 4 wieder aufleben lassen. Das Radio, sagte Chris immer, sei ihm das liebste Medium, es gehe nichts darüber. Zuhörer und Sprecher sehen einander nicht, aber trotzdem ist der Kontakt dank der Stimme sehr eng.
Manchmal traf ich mich mit Chris und seiner Frau Monika in einer kleinen Kneipe in der Nähe des Funkhauses. Wir setzten uns dann in eine abgeschirmte Ecke – Chris mit dem Rücken zum Schankraum, um nicht erkannt zu werden. Es gelang ihm nie, vielleicht, weil ihn seine Stimme verriet. Jedenfalls ging es nie ab, ohne dass sein Autogramm auf irgendeinem Bierdeckel landete.
Oft war ich verblüfft, wie viele Menschen Chris schon von Weitem erkannten und dann meist zielstrebig auf ihn zusteuerten." (8)
Jede Woche fuhr Howland mit seiner Frau Monika ins WDR4-Studio nach Köln. Davon konnte ihn auch die gerade überstandene Rückenoperation nicht abhalten. Eingeleitet wurde Howlands „SPIELEREIEN MIT SCHALLPLATTEN“ durch „MELODY FAIR“ von Robert Farnon, der 'Titelmusik' der Radio-Sendung.
„Funk war immer meine erste Liebe und ist es auch heute noch. Man kann da sitzen und einfach sich selber sein. Ich spiele immer nur meine Lieblingsplatten“, sagt der Radiopionier, „und meine Lieblingsplatte ist immer die, die ich gerade gespielt habe: ausgesucht, gespielt, gefreut – so geht das." (9)
2007 sah man Chris Howland in „NEUES VOM WIXXER“ in seiner letzten Filmrolle. Zwei Jahre später erschien mit „YES, SIR! - AUS DEM BLICKWINKEL EINES ENGLISCHEN GASTARBEITERS“ Howlands zweite Autobiographie.
Zudem hatte Howland vor, noch zwei Romane zu veröffentlichen, die fertig in seiner Schublade lagen. Doch dazu kam es nicht mehr.
"Ich habe schon zwei in der Schublade. Einer hat mit dem Klimawechsel zu tun. Als ich das Buch geschrieben habe, war vom Klimawechsel noch gar nicht die Rede. Das Buch ist also fast prophetisch. Aber es ist ein komischer Roman. Das andere Buch dreht sich um einen Möchtegern-James-Bond, der alles falsch macht. „Yes, Sir“ sind übrigens keine klassischen Memoiren, es sind Geschichten, die aber alle wahr sind." (10)
Denn Chris Howland verstarb am 28. November 2013 in Rösrath bei Köln. Noch eine Woche zuvor hatte er Dienstagabend seine wöchentliche Musik-Sendung „SPIELEREIEN MIT SCHALLPLATEN“ im WDR 4 live moderiert.
"Wenn man die ganze Zeit in Deutschland lebt, merkt man nicht, wie es sich verändert oder ob es sich verändert. Aber die Arbeit in Deutschland hat sich für mich nicht geändert. Ich arbeite für das Publikum. Und das ist, wie es immer war: sehr lieb mir gegenüber." (11)
© by Ingo Löchel
- (1) Chris Howland
- (2) Chris Howland
- (3) Chris Howland
- (4) Chris Howland
- (5) Chris Howland
- (6) Chris Howland
- (7) Chris Howland
- (8) Hans-Holger Knocke, langjähriger Musikchef bei WDR 4
- (9) Chris Howland
- (10) Chris Howland
- (11) Chris Howland
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